Edelbrände – geistreicher Genuss
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Ausschlaggebend für einen hochwertigen Obstbrand ist ein hochwertiger Rohstoff, nämlich gesundes, sauberes Obst mit einem möglichst hohen, natürlich vorhandenen Zuckergehalt und ein ausgeprägtes und für die jeweilige Obstart typisches Aroma. Diese Anforderungen kann nur voll entwickeltes und gut ausgereiftes Obst erfüllen.
Nachdem der Edelbrenner das Obst erntefrisch gewaschen, getrocknet und eventuell entkernt hat, zerkleinert er es vorsichtig und maischt es ein. Die Maische wird mit dem Ziel, die feinen Aromen während des Gärprozesses zu erhalten, gezügelt vergoren und sorgfältig überwacht. Die Kunst des Edelbrenners ist es, den optimalen Zeitpunkt einzufangen, wann er die Maischegärung beendet und mit der Destillation beginnt. Je nach Zusammensetzung trennt der Edelbrenner das Destillat in drei Abschnitte. Zuerst verdampfen bei niedrigen Temperaturen leicht flüchtige Stoffe wie Methanol – diesen Teil nennt der Edelbrenner „Vorlauf”. Zu erkennen ist er am sogenannten Nagellack- bzw. Pinselreinigerton. Danach folgt der hochwertige Mittellauf, auch Herzstück genannt, aus dem der Edelbrand gewonnen wird. Abschließend folgt der Nachlauf, der Fuselöle enthält, die sich am Gaumen kratzend und fehlerhaft auswirken. Edelbrenner trennen den Nachlauf frühzeitig ab und beschränken sich auf ein kleines, dafür feines Herzstück. So ist die Ausbeute zwar geringer, das Ergebnis dafür umso genussvoller.
Das wichtigste Sinnesorgan beim Brennvorgang ist die geschulte Nase des Brenners, um das Herzstück zum richtigen Zeitpunkt abzutrennen. Wie wertvoll das gewonnene Destillat ist, macht ein Beispiel deutlich: Um eine 0,7 l Flasche Schlehenbrand zu gewinnen, müssen gut 23 Kilo Schlehenmaische destilliert werden. Während bei einem Edelbrand der gesamte Alkohol aus der Vergärung des fruchteigenen Zuckers stammt, werden für einen Geist die ausgewählten Früchte mit hochprozentigem Alkohol überzogen. Nachdem sich das Fruchtaroma in dem Geist gelöst hat, wird das sogenannte Mazerat destilliert.
Die Bezeichnung „Obstbrand” ist von der Europäischen Union klar definiert. Demnach ist Obstbrand eine Spirituose, die ausschließlich durch alkoholische Gärung und Destillieren einer frischen, fleischigen Frucht oder ihres Mosts gewonnen wird. Die Destillation kann mit oder ohne Stein der Früchte verlaufen. Ein Zusatz von Zucker ist verboten. Die Destillation der vergorenen Maische muss so durchgeführt werden, dass der Edelbrand Aroma und Geschmack der verwendeten Frucht beibehält. Für das Wort „Obstbrand” wird häufig auch der Begriff „Obstwasser” verwendet. Die mengenmäßig wichtigsten Vertreter sind Obstbrände aus Äpfeln und Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Mirabellen. Der bekannteste sortenreine Kernobstbrand wird aus Williams-Christ-Birnen gewonnen. Ein qualitativ hochwertiger Obstbrand gelingt nur dann, wenn sich der eingesetzte Rohstoff durch Vollreife, Sauberkeit, hohen Zuckergehalt und sortentypisches Aroma auszeichnet. Neben dem Obstbrand findet man bei uns hier in der Pfalz ganz selbstverständlich auch den Tresterbrand, welcher aus vergorenem Traubentrester (Stängel, Schalen, Kerne) gewonnen wird.
Neben dem Herstellungsverfahren wird die Qualität stark von Boden, Klima und den verwendeten Rebsorten geprägt. Der italienische Grappa ist der bekannteste unter den Trauben-Tresterbränden, aber dieser Name ist geschützt (genauso wie z.B. der Begriff „Champagner”) und darf in der Pfalz nicht verwendet werden.
Für Geiste werden meist Früchte verwendet, die beim normalen Brennvorgang keine hohe Ausbeute erwarten lassen. Die bekanntesten Vertreter sind Himbeer-, Brombeer- und Schlehengeist. Aber auch Rohstoffe wie Eberesche, Vogelbeere, Holunder und Hagebutte, die wild an den Wegrändern wachsen, dürfen zur Geistherstellung verwendet werden. Liköre werden oft nach alten, unter größter Geheimhaltung überlieferten Hausrezepten aus ausgesuchten, gesunden Früchten, Kräuterauszügen und Gewürzen hergestellt. Brände sollten dunkel, kühl und gut verschlossen aufbewahrt werden. Die Flaschen sollten – im Gegensatz zu Wein – immer stehend gelagert werden. Auch nach mehrjähriger Aufbewahrung bleibt die Qualität der Produkte erhalten und sie erfreuen immer noch mit ihren intensiven Aromen. Obstgeiste und Obstbrände duften und munden bei 15 – 18° C am feinsten und ihre Fruchtaromen sind am deutlichsten ausgeprägt. Das typische Glas für feine Obstbrände hat einen Stiel und ist bauchig. Nach oben hin verjüngt es sich zu einem zylinderförmigen Rand: So kann sich das Aroma auf einer relativ großen Oberfläche entfalten, um dann aber durch den Zylinder konzentriert auf die Nase zu treffen. Die Tresterflöte mit einem besonders hohen, schlanken Kelch entfaltet in idealer Weise den Charakter von hochwertigen Tresterbränden. Ein guter Edelbrand erzeugt eine Geschmacksexplosion auf der Zunge, die den richtigen Freiraum benötigt und ist meist ein krönendes Finale nach einem gelungenen Essen. RS