Kastanien
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Herbstzeit in der südlichen Pfalz ist Kastanienzeit. „Keschde“, wie der Pfälzer die Esskastanien nennt, sind allgegenwärtig: an Waldpfaden, zum Wein, in Stadtwappen und – in der Kunst.
Für Liebhaber der stacheligen Baumfrüchte gibt es in vielen Regionen Europas zur Zeit der Ernte zahlreiche Feste, auf denen sich alles um den feinen Inhalt der stacheligen Delikatesse dreht.
Die Ess- oder Edelkastanie (Castanea sativa) kam, wie auch der Wein, mit den Römern vor über 1000 Jahren in die Pfalz. Im milden Klima vor Ort konnten die mediterranen Bäume gut gedeihen und reihen sich mittlerweile so dicht aneinander, wie sonst kaum nördlich der Alpen. Sozusagen vor der Haustür, im milden Klima der Pfalz, wächst die Esskastanie. Rund um Schloss Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben residiert sogar der größte Kastanienwald Deutschlands. König Ludwig I. scheint es gewusst zu haben, als er sich seine Villa in die –wie er selbst sagte– „schönste Quadtratmeile seines Reiches“ bauen ließ.
Auch rund um den Slevogthof, ein ehemaliger Meierhof der Burg Neukastell, oberhalb von Leinsweiler, findet man zahlreiche Keschdebäume. Max Slevogt, der bedeutende Pfälzer Maler, der zu den Hauptvertretern des deutschen Impressionismus zählte, fühlte sich von 1914 bis zu seinem Tod im Jahr 1932 dort heimisch. Wer den Blick von der Terrasse des Slevogthofes über die Reize der rheinischen Tiefebene kennt, versteht diese Wahl. Der Herbst sei malerisch am kapriziösesten, meinte der Künstler.
Heute ist die Kastanie zu einer Attraktion für Urlauber geworden. Auf rund 50 Kilometer Länge führt der Pfälzer „Keschde-Wander-weg“ von Hauenstein über Annweiler, Leinsweiler, Edenkoben, St. Martin bis nach Neustadt zum Hambacher Schloss. Dieses Schloss, weithin als „Deutschlands Wiege der Demokratie“ bekannt, wurde anfangs einfach „Keschdeburg“ genannt. Der Weg von Hambach, einem Ortsteil der Weinmetropole Neustadt, zur „Freiheitsstraße Nr. 0“, der Hausadresse der „Schlossschänke“, ist von Edelkastanien gesäumt.
Ein besonders schöner Wandertermin für die Begehung des „Pälzer Keschdewegs“ ist natürlich im Herbst, wenn Wald und Weinberge in buntem Laub stehen, es neuen Wein gibt und die „Keschde“ reif sind.
Wenn sich die kleinen Stachelpakete öffnen und süße Früchte preisgeben, gehen in Deutschlands größtem zusammenhängenden Kastaniengürtel viele Wanderer, nur mit einer Tüte „bewaffnet“, zum Sammeln auf Tour. Dann wird im Wettlauf mit den Wildschweinen der Wald sprichwörtlich leer gefegt. Welche Genüsse sich aus Kastanien zaubern lassen, zeigt sich im Oktober bei den Kastanienmärkten und -festen entlang des Wanderwegs: Geröstete Kastanien, Kastanienbrot, Kastaniensaumagen, Kastanienhonig, Likör, Trüffel bis hin zu Kastanienbier und -Pralinen gibt es zu entdecken. Zahlreiche Gastronomen haben leckere Variationen von Kastaniengerichten im Angebot. Entweder deftig oder fein, als Beilage, Suppe oder Hauptgericht, die Esskastanie entpuppt sich als kleiner Tausendsassa. Sogar das Holz der Edelkastanien wird aufgrund seiner Elastizität und Witterungsbeständigkeit vielseitig genutzt. Dirk Weber von „Pfalzküche“ Neustadt a.d.W. liegen diese heimischen Hölzer besonders am Herzen, die teilweise aus dem Privatwald stammen.(www.pfalzkueche.de)
Alles, was von Kastanien umgeben ist, wird in der Pfalz danach benannt, so auch eine der bekanntesten Weinlagen der Südlichen Weinstraße, der „Birkweiler Kastanienbusch“.