Die Feige
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Anspruchslos, genügsam und dennoch etwas ganz Besonderes – die Feige. Fast könnte man meinen, eine Parallele zwischen dieser Frucht und ihren Anbauern ziehen zu können. Die Feige, namentlich die erste erwähnte Pflanze der Bibel, ist auch bei uns in der Pfalz zu Hause!
Nichts gegen die Äpfel, die, gängiger Überlieferung zufolge, nicht weit vom „Baum der Erkenntnis“ fallen. Aber die wahren Paradiesfrüchte sind eben doch die Feigen. Nach Mose pflückten Adam und Eva Feigenblätter und »flochten sich daraus Schürzen, um ihre Blöße zu verdecken«. Damit ist man schon in der Pfalz: Denn genau hier, im sonnigen Südwesten der Republik, wachsen so viele Feigenbäume wie sonst nirgendwo in Deutschland.
Die Pfalz ist nicht erst seit gestern ein wahres Feigenparadies. Beispielsweise wurden in Latrinen aus der Römerzeit Feigenkerne gefunden und nur Skeptiker sehen darin die Überbleibsel getrockneter, importierter Früchte. Mit dem Wein bilden Feigen eine durchaus harmonische Kombination. Beide zählen seit alters her zu den edelsten Gewächsen und haben ähnliche Ansprüche an Standort und Klima. Sie lieben Sonne und Wärme, Niederschläge von 500 bis 600 Millimeter pro Jahr reichen aus. Auch leichten Frost ertragen sie, nur Temperaturen unter minus zehn Grad machen ihnen zu schaffen. Wie viele der Pflanzen in der Pfalz stehen, weiß niemand genau. Schätzungen von 50000 scheinen realistisch, denn überall zwischen Speyer und Neustadt, zwischen Bad Bergzabern und Frankenthal trifft man in Vorgärten oder Innenhöfen auf die südländische Pflanze mit den typischen, gelappten Blättern. Während die Feigenbäume am Mittelmeer bis zu zehn Meter hoch werden, nehmen sie in der Pfalz meist die Form eines drei bis sechs Meter hohen Strauchs mit einem kurzen, dikken Stamm an. Die etwa 80 g schweren Früchte werden im Juli und August reif, in guten Jahren ist sogar eine zweite Ernte im Spätherbst möglich. Hundert bis zweihundert Früchte trägt ein ausgewachsener Baum, die Pfälzer Ernte insgesamt kann daher auf mindestens 80000 Kilo geschätzt werden.
Die kulinarischen Qualitäten des Zuwanderers aus dem Süden sind indes in der Pfalz schon lange bekannt. Findige Konditoren haben Feigenkonfitüre, Feigenpralinen oder sogar eine Feigentorte im Angebot. Winzer verwöhnen ihre Kunden oft mit einer selbstgemachten Spezialität: Feigen aus ihrem Garten, eingelegt in Wein. Obstgüter und Brennereien verarbeiten die Früchte zu Feigenlikör. Und natürlich nutzen auch die vielen Köche das Geschenk des milden Klimas. Selbst wer glaubt, zum Schinken passe am besten Melone, hat die Rechnung ohne die Feige gemacht; sie wurde nämlich erst in jüngster Zeit von der Melone verdrängt und war früher der natürliche Begleiter zum Schinken. So findet sich in alten Pfälzer Büchern beispielsweise eine Rezeptur, eine Quiche mit Schinken und Feigen herzustellen.
Dass eine gelungene Integration einer Fremd-Pflanze auch leidvolle Seiten haben kann, bekommen die Feigen mindestens einmal im Jahr zu spüren, wenn die Mandelbäume mit ihren zartrosa Blüten den Feigen regelmäßig die Schau stehlen. Die haben in diesem Wettbewerb mit ihren innen an den Blattachseln sitzenden Blüten keine Chance. Da ist es nur konsequent, dass das feierfreudige Pfälzer Völkchen sich zwar schon ein Mandelblüten-, aber noch kein Feigenfest hat einfallen lassen. Und die berühmteste Feigenbaum-Allee der Pfalz in Deidesheim heißt noch immer Deichelgasse, nur der Volksmund hat es auf den Punkt gebracht: Die Straße, die ein früherer Bürgermeister Anfang des Jahrhunderts mit Feigenbäumen bepflanzen ließ, heißt bei den Einheimischen schlicht „Feigengasse“. Womit wir wieder beim Paradies wären. Denn welchen Namen trägt die berühmteste Lage des malerischen Örtchens? Genau: Paradiesgarten. Sogar eine Eva gibt es dort.
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