Vanille – der Nektar der Götter
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Geschichte und Herkunft
Die Vanille stammt ursprünglich aus Mexiko, wo sie von deren Kulturvölkern, den Azteken und den Totonaken, als magisches Gewürz und Geschenk der Götter verehrt wurde. Sie würzten damit ihre Schokolade und ihren Kakao, nachdem sie diese zuvor recht scharf mit Chili oder Pfeffer aromatisiert hatten. Vanille trank man daher häufig in Kombination mit Kakao, um die bitteren Nuancen des Getränks zu mildern. Der Legende zufolge soll der berühmteste Azteken-Herrscher Moctezuma II. davon täglich 50 Tassen konsumiert haben. Die Totonaken waren lange Zeit sogar das einzige Volk der Erde, das um die Besonderheiten des Vanille-Anbaus wusste.
Das Monopol auf die Vanille hatten jedoch die Spanier vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, denn Mexiko war spanische Kolonie. Um das Monopolrecht zu wahren, verhängte man bei dem Versuch, die Vanillepflanze aus Mexiko stehlen zu wollen, die Todesstrafe auf denjenigen, sodass Mexiko Hauptanbauland blieb. Erst als Mexiko 1810 unabhängig wurde, konnte die Vanille auch in anderen Ländern angebaut werden. So wurde sie dann auch in Antwerpen, Paris, auf Java und schließlich auf La Réunion (früher Île Bourbon, daher auch „Bourbon-Vanille“) kultiviert. Außerhalb Mexikos muss die Vanillepflanze künstlich bestäubt werden, da die Bienen- und Kolibriarten, die natürlichen Bestäuber der Tropenpflanze, nur in Mexiko beheimatet sind. Dem belgischen Botaniker Charles Morren gelang 1836 erstmals die künstliche Bestäubung der Blüten mittels eines Bambusstäbchens. Auch heute noch wird mit Pinseln oder der eigenen Hand künstlich bestäubt.
Mit dem beginnenden 20. Jahrhundert verlagerte sich der Anbau der Bourbon-Vanille von La Réunion nach Madagaskar. Heute zählen u.a. auch Indien, Tahiti, Mexiko, die Komoren, Indonesien und Papua-Neuguinea zu den Hauptanbaugebieten des kostbaren Gewürzes. Vanille wird demnach auch außerhalb Lateinamerikas angebaut, doch Experten sind sich einig, dass die aus diesen Ländern stammende Vanille die beste und hochwertigste sei. Madagaskar ist dennoch der Spitzenreiter im Vanille-Anbau und produziert mehr als die Hälfte des weltweiten Bedarfs an Vanille. Bis zu 10.000 Tonnen werden jährlich erzeugt.
Da es viele Anbauländer der Vanille gibt, variiert daher auch ihr Geschmack und ihr Aroma. Die Bourbon-Vanille, die nur in Madagaskar, den Komoren und in La Réunion angebaut werden darf, nachdem sie sich 1967 zur „Alliance de la Vanille“ zusammengeschlossen haben, die heute 80% des weltweiten Bedarfs produzieren, schmeckt sehr intensiv und süßlich. Die Vanille aus Mexiko dagegen ist milder und dezenter im Geschmack. Andere Vanillesorten wie die Tahiti- oder Guadeloupe-Vanille werden vor allem in der Parfümherstellung verwendet, da sie über wenig Vanillin verfügen und leicht moschusartig duften.
In der Ursprungszeit wurde die Vanille nicht nur aufgrund ihres veredelnden Charakters geschätzt. Auch ihre heilenden und medizinischen Wirkungen waren hoch angesehen. Die Indianer nutzten die Kraft der Vanille zur geistigen Leistungsfähigkeit und zur körperlichen Kräftigung. Sie galt zudem als Aphrodisiakum. Es heißt, dass sich die Indianerinnen mit Vanille einrieben, um ihre Anziehungskraft zu erhöhen. Der Duftstoff Vanillin ist, chemisch gesehen, eng verwandt mit den menschlichen Sexuallockstoffen, den sogenannten Pheromonen. Dieser Tatsache ist geschuldet, dass in zahlreichen Kosmetika und Parfüms Vanille enthalten ist.
Heilkunde
In der modernen Medizin soll Vanille (lat.: vanilla planifolia) gegen Hauterkrankungen wie Ekzemen oder Neurodermitis helfen, da ihr eine pilztötende Wirkung nachgesagt wird. Generell wird Vanille jedoch dafür verwendet, um das menschliche Wohlbefinden wieder herzustellen.Leidet man an nervöser Unruhe, Stress, Angstzuständen, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen, kann allein der Geruch von Vanille entspannend und beruhigend wirken, denn es regt die Produktion des Glückshormons Serotonin im Gehirn an.
Anbau der echten Vanille und industrielle Nachahmung
Doch um überhaupt in den vielfältigen Genuss der Vanille zu gelangen, ist viel Arbeit nötig. Die Vanillepflanzen, die erst nach drei bis vier Jahren erste Früchte tragen, werden in Plantagen angebaut. Kurz vor der Reife werden die Vanilleschoten (Kapselfrüchte) noch gelbgrün geerntet. Dann werden sie einer Schwarzbräunung unterzogen, bei der die Früchte zuerst heißwasser- und dann wasserdampfbehandelt werden. Danach werden diese luftdicht fermentiert, bis sich feine Glukosenadeln auf der Oberfläche bilden. Anschließend werden sie getrocknet. Zunächst für 8-10 Tage in der Tropensonne, dann für weitere 5 Wochen im Schatten. In diesem arbeits- und zeitintensiven Verfahren wandeln sich die Vorstufen des Vanillins zu reinem Vanillin um und die Vanilleschote erhält ihr typisches Erscheinungsbild. Schwarz-braun und fettig glänzend mit einem unbeschreiblich fein süßem Aroma.
Neben der aufwändigen künstlichen Bestäubung sind die langen Produktionsschritte und die schwierige Kultivierung der Vanille die Gründe dafür, dass Vanille neben dem Safran zu den teuersten Gewürzen der Welt zählt. Es ist sogar so wertvoll, dass die Fruchtkapseln vor der Ernte per Hand gestempelt werden, um deren Diebstahl zu verhindern.
Doch die Industrie muss dem weltweiten Bedarf an Vanille nachkommen. Somit wird billigeres synthetisches Vanillin (etwa Ethylvanillin) hergestellt, das u.a. aus dem ätherischen Öl der Gewürznelke, dem Eugenol, produziert wird. Sein Preis liegt bei etwa 5 Prozent des Preises für echte Vanille – hat aber ansonsten kaum etwas zu bieten, wobei der künstliche – für so manchen Feinschmecker absolut ungenießbare Geschmack – noch das Beste daran ist. Das einzigartige Aroma der echten Vanille wird auf synthetische Weise längst nicht erreicht, aber dennoch deckt es satte 90% des weltweiten Vanillebedarfs. Größter industrieller Abnehmer der echten Vanille ist übrigens Coca-Cola, nachdem 1985 die Beigabe von synthetischem Vanillin von den Verbrauchern abgelehnt wurde. Übrigens steht synthetisches Vanillin im Verdacht, die Nerven sowie das Erbgut schädigen und sogar Krebs begünstigen zu können.
Einsatz in der Küche
Grundsätzlich ist gegen den Geschmack synthetischer Vanille nichts einzuwenden – um aber den Geschmack der Speisen optimal zu unterstreichen, greift man immer noch am besten auf echte Vanille zurück. Vanille passt sehr gut zu anderen Gewürzen wie Zimt, Safran, Gewürznelken oder Chili, aber natürlich auch zu Kakao. Traditionell findet man Vanille vor allem in der Süßspeisenküche und verfeinert von Gebäck, Puddings, Kuchen und Torten, über Cremespeisen, Obstsalate bis hin zu den Klassikern Vanillesauce und -eis einfach fast jedes süße Gericht. Wenn man mit Vanille würzen möchte, so schabt man entweder das etwas klebrige Vanillemark mit einem Messer oder einem Löffel aus der Vanilleschote oder verwendet gleich die ganze Schote in Zucker einlegt, um köstlichen Vanillezucker zu erhalten. Noch pfiffiger und effizienter ist es, das kostbare ausgeschabte Vanillemark direkt für die Süßspeisen zu verwenden und die verbleibenden leeren Schoten im Zucker einzulegen. Es ist immer noch üppig viel Geschmack in der Schote, um den Zucker mit Vanillin zu veredeln.
Über Vanille lässt sich einiges Kurioses berichten. Wer hätte gewusst, dass man in Amerika zu Ehren der Vanille jedes Jahr am 23.Juli den „National Vanilla Ice Cream Day“ feiert? Auch aus Österreich gibt es Interessantes zur Vanille: Es heißt, dass früher in manchen Gegenden Knoblauch als „Vanille des armen Mannes“ bezeichnet wurde, da Vanille (wie auch heute noch) sehr teuer war und deshalb nur den oberen Schichten zugänglich war. So entwickelte sich der sogenannte „Vanillerostbraten“, der, nicht wie der Name vermuten lassen würde, mit Vanille angereichert, sondern mit Knoblauch zubereitet wurde. Vanille, das vielseitige Gewürz ist nicht nur in der Küche heiß begehrt, auch die Industrie zieht ihren Nutzen aus den Ölen, die die Vanille so besonders machen und schmecken lassen.
SO