Brennnessel – ein überaus gesundes "Unkraut"
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Verwendung allgemein
Wer hätte das gedacht! Eines der am meisten verhassten Unkräuter weist so viel Potenzial in der Küche und in der Heilkraft auf! Sogar die Brennnesselfasern aus dieser Pflanze, die unsere Ausrottungsversuche mit unendlicher Langmut hinnimmt, war ehemals weit verbreitet und ist heute fast völlig in Vergessenheit geraten; nur ihr Name wird noch verwendet, jedoch fälschlicherweise für einfache, ungefärbte Baumwollstoffe – der Nesselstoff. Wohl jeder Gärtner ist ihr schon mit Hacke, Spaten, Pflug und Chemikalien zu Leibe gerückt – meist jedoch erfolglos, da durch ihr ausuferndes Wurzelgeflecht immer wieder neue Pflanzen entstehen. Wenn man sich aber einmal ausführlich mit deren Gesundheitsaspekten beschäftigen würde, käme man schnell dahinter, das unvergleichliche Geschenk der Natur einfach für die eigene Gesundheit zu nutzen. Als Heilpflanze ist die Brennnessel von alters her mindestens so bekannt wie Kamille, Löwenzahn oder Ringelblume.
Heilkunde
Im Frühjahr werden die jungen Brennnesseltriebe wegen ihres hohen Gehalts an Flavonoiden, Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium und Silizium, Vitamin A und C (ca. 7x mehr Vitamin C als eine Orange!), Eisen, aber auch wegen ihres hohen Eiweißgehalts geschätzt. Sie enthält prozentual gesehen in der Trockenmasse etwa 40 % Eiweißanteil, das ist weit höher als bei der Sojabohne! Als Frühjahrskur wird sie gern als Tee zur Entgiftung und Entschlackung verwendet. Auch Leber und Galle wird durch sie positiv beeinflusst, weshalb schon Paracelsus die unscheinbare Pflanze in Form von Brennnesselsaft bei Gelbsucht (Hepatitis) verordnete. Selbst die Bauchspeicheldrüse – so heißt es – reagiere auf die Brennnessel, was sich in einem ausgeglichenen Blutzuckerspiegel bemerkbar machen soll. Auch bei der Therapie, sowohl der Arthrose als auch ihrer akuten Form, der rheumatoiden Arthritis, kann die Brennnessel aufgrund ihrer entzündungshemmenden und schmerzlindernden Eigenschaften höchst wirkungsvoll eingesetzt werden. Wer kennt nicht den Spruch, den man als Kind oft zu hören bekam, wenn man wieder einmal mit den Nesselhaaren unliebsam in Berührung kam und sich auf der Haut Pusteln bildeten: „...dann kriegst du wenigstens kein Rheuma!“ Da bei Harnwegs- und Prostataerkrankungen die sog. Aquaretika zum Einsatz kommen, ist auch hier die Brennnessel ein sehr gutes Heilmittel, denn sie ist ein Aquaretikum, das zur Durchspülung der Harnwege sorgt und auf diese Weise krankheitserregende Keime ausschwemmt. Brennnesseltee ist folglich – gemeinsam mit einer reichlichen Wasserzufuhr – das Mittel der Wahl bei Harnwegsinfekten und bei einer Reizblase. Darüber hinaus soll der Brennnesselwurzel-Extrakt laut einer Studie der Philipps-Universität in Marburg bei Prostatakrebs das Krebszellwachstum hemmen können. Schon lange wird in der traditionellen Medizin Marokkos die Brennnessel bei Bluthochdruck verordnet. Wissenschaftler überprüften den Wirkmechanismus der Brennnessel auf die Blutgefäße und stellten daraufhin tatsächlich eine eindeutig blutdrucksenkende Wirkung fest. Aber nicht nur die Blätter und Wurzeln weisen hoch konzentrierte Heil- und Vitalkräfte auf, sondern ihre Samen toppen diesen Mikronährstoff sogar noch: Früher wurden die Samen fleißig gesammelt und bei Erschöpfung als Stärkungsmittel eingesetzt. Den Samenkörnern sagte man eine solch große aphrodisierende Wirkung nach, dass es im Mittelalter sogar zu einem Brennnesselsamen-Verzehrverbot für Mönche kam, um deren Keuschheitsgelübde nicht zu gefährden.
Verwendung in der Küche
Da die Brennnessel nicht nur Heilkraft, sondern auch Nähr- und Vitalstoffe in Kombination mit einer cremig-milden Geschmacksnote schenkt, kann sie ganz hervorragend zu köstlichen Gerichten eingesetzt werden. In Kriegszeiten trug sie zum Überleben der Bevölkerung bei und deshalb erhielten Brennnesselspeisen die sehr undankbare Bezeichnung „Arme-Leute-Essen“. Dagegen servieren sogar Spitzenköche in Sterne-Restaurants ihren Gästen gerne Kreationen aus dieser Pflanze, wie etwa Brennnesseltarte, –nockerl, –risotto, –spätzle und viele andere pfiffige Gerichte. Ganz so ausgefallen muss es jedoch gar nicht sein; die Pflanze kann auch ganz normal in der Küche wie Spinat verwendet werden, dazu möglichst junge, nicht zu große Blätter auswählen, diese kurz blanchieren und in zerlassener Butter andünsten. Bei geöffnetem Topf 5 Minuten weiterköcheln, mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken und mit Sahne verfeinern. Natürlich kann man die Brennnessel auch als Suppe vorzüglich und einfach zubereiten.
Vor den gefürchteten Brennhaaren muss sich beim Essen übrigens niemand fürchten. Denn sobald die Brennnessel verarbeitet wird, verflüchtigt sich die üble Wirkung. Auch im Bio-Gartenbau wird dieser Tausendsassa als nahezu unverzichtbares Hilfsmittel verwendet. Seit vielen Jahrhunderten wird die legendäre Brennnesseljauche gebraut. Dazu werden die Blätter mit Wasser übergossen, an einen warmen Ort gestellt und täglich umgerührt. Dort beginnen sie zu gären und die wertvollen Inhaltsstoffe werden an das Wasser abgegeben. So entsteht ein natürlicher, stickstoffreicher Flüssigdünger und kann sogar als Bio - Pflanzenschutzmittel gegen Insekten eingesetzt werden
RS