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Genderwahn
— oder: Wie die Genderstern*innen unsere Deutsche Sprache verhunzen
Der geneigte Leser weiß längst, dass wir uns eigentlich politisch-gesellschaftskritischen Themen
kategorisch verweigern. Allerdings spitzt sich die Lage mit gesprochener sowie geschriebener Sprache durch das „Gendern“ mittlerweile so sehr zu, dass wir uns diesem Thema nun doch nicht ganz verweigern können, daher nun dieser Artikel...
von Thomas Steinmetz
Es ist schon lustig. Hört man den vielen ach so politisch korrekten, gendergerechten Gutmenschen zu, vernimmt man in letzter Zeit immer häufiger das Gender-Hicksen. Wie bitte? Sie wissen nicht, was das ist? Ganz einfach. Man spricht das Gender-Sternchen hörbar mit. Man sagt also nicht „Alle Lehrer sollen in ihre Klassensäle kommen“! Sondern gendergerecht spricht man von „Alle Lehrer*innen sollen...“ und wo das Sternchen steht, soll eine Mikrosekunde lang gehickst werden, um zu verdeutlichen, dass Männer und Frauen gemeint sind. Unterlässt man nämlich dieses Hicksen, werden ausschließlich Frauen angesprochen – und das kann doch nun auch nicht sein, dass man das Kind mit dem Bad ausschüttet und umgekehrt die Männer weg-gendert. Von den „Diversen“ mal ganz zu schweigen!.
Abgesehen von der Tatsache, dass auch die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die neuesten Gender-Verirrungen ablehnt, so kennt man kaum jemanden aus dem Freundeskreis, der diesen Trend gutheißt. Die konsequente Anwendung dieser äußerst fragwürdigen, massiven Veränderungen in der Schreibweise und Grammatik ist nicht nur äußerst schwierig und für Schulkinder völlig unmöglich zu lernen, sie ist auch sprachlich zersetzend und missverständlich. In ihrem Ursprung wohl als ehrerbietende Annäherung an militante Feminist*innen gedacht, zerwirft diese ganze Diskussion mehr, als sie an Lösungen im sozialen Miteinander anbietet. Neulich meinte ein*e Nachrichtensprecher*in, es besonders gut anzuwenden, indem er (sie) ständig den Wortzusatz „innen“ ohne das erwähnte Gender-Hicksen anwendete. Logischerweise sind dabei aber nur noch weibliche Geschlechter übrig geblieben. Die Männer sind dadurch automatisch gleich ganz von der Bildfläche verschwunden.
Ob Polizist*innen, Rentner*innen, Kolleg*innnen oder auch Journalist*innen: Das Gendersternchen wird immer mehr zum Alltag – und steht nun sogar als Begriff auch im DUDEN. Nach Auffassung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) ist es jedoch weder konform mit den Regeln der deutschen Grammatik noch mit denen der Rechtschreibung. Die GfdS – eine politisch unabhängige Vereinigung zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache – befürwortet zwar natürlich grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Sprache. „Das sogenannte Gendersternchen stellt aber aus sprachlicher Sicht kein geeignetes Mittel dar, um dieses Anliegen umzusetzen“, so die Gesellschaft.
Es könnten grammatisch falsche Formen entstehen wie Ärzt*in, Bauer*in oder Kolleg*in. Zudem werde auf dem Weg zur diskriminierungsfreien Sprache sehr uneinheitlich vorgegangen: Die Stadtverwaltung Lübeck nutze etwa einen Genderdoppelpunkt, die Städte Hannover und Flensburg ein Gendersternchen. Dies führe zu einer uneinheitlichen Rechtschreibung, so die Sprachexperten. Die Aussprache des Gendersternchens sei völlig unklar. Und: „Wie Personenbezeichnungen mit einem Gendersternchen ausgesprochen werden sollen – beispielsweise mit einer kurzen Sprechpause, unter Auslassung des Sternchens als feminine Form oder als Paarform – ist unklar. Für die Sprechenden und für die Zuhörerschaft entstehen so Unsicherheiten.“ Fazit: „Die GfdS rät daher ausdrücklich davon ab, das Gendersternchen und ähnlich problematische Formen zu verwenden.“
Das generische Maskulinum
Der Kernpunkt des Genderns liegt in einem großen Irrtum, nämlich der Gleichsetzung von „Genus“ und „Sexus“. Das Deutsche verfügt über drei Genera, wie die meisten bereits wissen: Maskulinum, Femininum und Neutrum. „Sexus“ bezeichnet dagegen eine biologische Eigenschaft, die nicht mit dem Genus verbunden werden kann. Ein Satz wie „Der einzige Verwandte, den er noch hat, ist seine Schwester“ könnte sonst gar nicht erst gebildet werden. Das generische Maskulinum macht es uns Sprechern erst möglich, auf der Ebene von Gattungsbegriffen zu sprechen. Ein „Gegner“ kann nicht nur ein Mann sein, sondern auch ein Tier, eine Gruppe oder beispielsweise auch ein Staat. Ein Satz wie „Die ersten Sänger des heutigen Abends waren Frauen“ ist grammatisch korrekt und verlangt zwingend nach dem generischen Maskulinum. Hier von „Sänger*innen“ zu sprechen, würde den Satz inhaltslos machen. Wenn wir wissen wollen, wie viele Jungen sich unter den Schülern einer Klasse befinden, müssen wir fragen: „Wie viele 'männliche’ Schüler befinden sich in der Klasse?“ Man könnte an dieser Stelle ironischerweise argumentieren, die Sprache diskriminiere die Männer, weil die Sprache ihnen keine eigene Form zur Verfügung stellt. Lediglich bei weiblichen Bezeichnungen haben wir den Vorteil, durch das Anhängen von „-in“ bzw. „-innen“ das Geschlecht direkt zu markieren. Dies ist aber kein Diskriminieren vonseiten der Sprache, sondern eine ihr innewohnende Eigenheit. Desweiteren wäre es ohne das generische Maskulinum gar nicht möglich, idiomatische Wendungen zu verwenden, die der Sprache ja erst ihre Würze verleihen. So ist es beispielsweise undenkbar, in den Sätzen „Der Kunde ist König“, „Der Wähler hat gesprochen“, oder „Die Schweiz war ein toller Gastgeber“ eine gegenderte Form zu verwenden. Das generische Maskulinum ist demnach ein Allrounder, der uns im Alltag hilft.
Was bei der Diskussion auch unter den Tisch fällt, ist ein besonders interessantes Feld der germanistischen Linguistik: die Wortbildung des Deutschen. Durch Anhängen des Suffixes „-er“ werden neue Wörter gebildet. Ein Wort wie „Lehrer“ entstammt also dem Verb „lehren“, und bedeutet keineswegs ausschließlich einen „Mann, der lehrt“, sondern eine „Person, die lehrt“ (bereits nachzulesen in den ältesten deutschen Wörterbüchern). Mir erschließt sich an dieser Stelle auch nicht, warum ausgerechnet Anatol Stefanowitsch hierzu befragt wurde, der tatsächlich die Behauptung aufstellt, dass mit „ein Schüler“ immer eine männliche Person gemeint sei und eine Meinung vetritt, die mir in Bezug auf das Thema „das generische Maskulinum“ nicht immer ganz wissenschaftlich fundiert erscheint. Aber das soll jeder für sich selbst entscheiden.
Nun weiter zur Wortbildung: Man kann beobachten, dass Wörter automatisch feminin werden, sobald man das Suffix „-ung“ anhängt (die Meinung, die Besprechung...). Durch Anhängen des Suffixes „-ling“ wird jedes Wort maskulin (der Jüngling, der Abkömmling, etc.). Ein Wort bleibt feminin, wenn man das Substantiv „Kraft“ verwendet (die Arbeitskraft, die Hilfskraft, etc.), auch wenn die Arbeitskraft aus Personen verschiedenen Geschlechts bestehen kann. Wir sehen also, dass wir bei durch Wortbildung entstandenen Wörtern keinerlei Aufschluss über das biologische Geschlecht erhalten (schön auch an der Umwandlung von Maskulinum zu Neutrum zu sehen bei „der Onkel“ zu „das Onkelchen“ oder bei der Umwandlung von Femininum zu Neutrum bei „die Magd“ zu „das Mädchen“). Durch die Paarverwendung, substantivierte Partizipien, Binnen-I (das sogar laut Duden gegen die Rechtschreibregeln verstößt), Schrägstrich- und Doppelpunktsetzung und geschlechtsneutrales Formulieren erschweren wir den Schülern von heute, diese semantischen Feinheiten überhaupt erst wahrzunehmen. Sie kommen sogar zu dem Fehlschluss, dass „die Lehrer“ nur Männer bezeichnen würde und Frauen in der Sprache nicht vorhanden oder abgebildet wären. Genau das Gegenteil ist aber der Fall: Frauen, Männer und Andersgeschlechtliche sind im generischen Maskulinum keineswegs nur irgendwie „mitgemeint“, sondern sprachlich inkludiert. Dies ist ein großer Unterschied, aber durch die Verwendung des Genderns in den Medien der breiten Bevölkerung immer weniger bekannt.
Wie auch immer. Gendern löst gesellschaftliche Probleme auf gar keinen Fall. Viel wichtiger erscheint es mir, Angebote für Mädchen und junge Frauen zu schaffen, die ihnen beweisen, dass es ihnen auch möglich ist, Berufe anzustreben, die als „typisch männlich“ gelten. Dies tun wir aber nicht, indem wir ihnen sprachliche Gebilde vorsetzen, die ihnen sogar grammatisch falsche Konstruktionen als korrektes Deutsch vorspielen. Zuerst muss das Denken der Menschen nämlich verändert bzw. geschult werden, damit sie die Sprache in ihren Einzelheiten verstehen und dementsprechend handeln. Wenn wir zur Verwendung des generischen Maskulinums zurückkommen und die Schüler auch auf die Funktion dieses sprachlichen Mittels aufmerksam machen, gewinnen wir eine gerechte Sprache für alle zurück, völlig unabhängig von dem jeweiligen Geschlecht.
Fazit:
Wir vom pfalz-magazin wollen damit grundsätzlich zum Ausdruck bringen und hiermit feierlich mitteilen, dass wir uns des Genderwahns strikt verweigern und auch künftig ausschließlich das generische Maskulinum anwenden werden.
Thomas Steinmetz; (mit freundlicher Genehmigung der Teil „Das generische Maskulinum“: von Ilias Tampoulidis)