Wein aus dem Barrique
Kann er wirklich Leben retten?
Eine Kölner Studie zum Einfluss verschiedener Weine auf die Herzkranzgefäße lässt Hoffnung schöpfen.
(Ausgabe Nr. 13 FEB/MRZ 2022)
Der Rotwein hat seit Menschengedenken eine überaus wichtige Rolle in der Trinkkultur gehabt. Sogar der Apostel Paulus empfiehlt schon im Neuen Testament seinem Freund Timotheus „wegen deines Magens nicht nur Wasser zu trinken, sondern auch ein wenig Wein.“ (1. Thim. 5,23) Sogar schon im Alten Testament bringt Abraham als Willkommensgruß dem Priester Melchisedek Wein. (1. Mose 14,18) und sogar noch früher wird in 1. Mose 9,20 erwähnt, dass Noah einen Weinberg pflanzte. Ganz zu schweigen vom allerersten Wunder, welches Jesus im Neuen Testament vollbrachte, war bei der Hochzeit zu Kana, als er Wasser in Wein verwandelte. Früher war es gar nicht anders denkbar, heute hingegen werden nur noch besonders hochwertige und Tannin- bzw. Körperreiche Weine im Holzfass, beziehungsweise im Barrique ausgebaut.
Nach einer Studie der Kölner Universität IDW üben im Barrique ausgebaute Rotweine auf den menschlichen Organismus einen gefäßerweiternden Effekt aus und können damit Herzinfarkte verhindern oder zumindest lindern. Anderen Rotweinen und insbesondere Weißweinen kann diese Wirkung nicht zugeschrieben werden. Eine verallgemeinernde Betrachtung von Wein und alkoholischen Getränken bezüglich ihrer positiven Effekte auf Herzkrankheiten ist demnach nicht angebracht. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Untersuchung von Dr. Markus Flesch, Professor Dr. Michael Boehm, Dr. Andreas Schwarz und Dr. Michael Suedkamp im Rahmen einer Studie, die an der Klinik III für Innere Medizin der Universität zu Köln angefertigt wurde. Für diese Arbeit erhielten die Kölner Mediziner den „Ersten Posterpreis“ der Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin“.
In den westlichen Industrienationen ist die koronare Herzkrankheit die häufigste zum Tod führende Erkrankung. Faktoren, welche die Entstehung und den Verlauf der Erkrankung beeinflussen, waren während der letzten Jahrzehnte von großem wissenschaftlichen Interesse. Seit den frühen 70er Jahren wurde in diesem Zusammenhang wiederholt nachgewiesen, dass der Konsum von Alkohol die Sterblichkeit bei koronarer Herzkrankheit senken kann. Dabei wurde dem Konsum von Rotwein eine besondere Bedeutung beigemessen. So konnte gezeigt werden, dass das geringere Vorkommen von Herzinfarkten in Frankreich und der Schweiz im Vergleich zu anderen Industrienationen neben der mediterranen Diät auf den verstärkten Rotweinkonsum in diesen Ländern zurückzuführen ist.
Die Mechanismen, über die die kardioprotektiven Effekte von Alkohol und insbesondere Rotwein vermittelt werden, sind bislang unbekannt. Es wurden verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt. Unter anderem wurde gezeigt, dass Wein, Traubenhautextrakt und die Weininhaltsstoffe Tanninsäure und phenoline Inhaltsstoffe, die aus dem Holz der Rebenstiele und der Eichenfässer stammen, gefäßerweiterende Eigenschaften haben. Unklar ist, ob diese letztgenannten Eigenschaft ein allgemeines Charakteristikum von Wein ist oder ob verschiedene Weine spezifisch den Kontraktionszustand von Blutgefäßen beeinflussen. Desweiteren ist nicht geklärt, über welchen Signaltransduktionsmechanismus der gefäßerweiterende Effekt von Wein vermittelt ist. Die Kölner Mediziner haben daher den Effekt verschiedener Weine auf den Spannungszustand menschlicher Koronargefäßringe und isolierter Rattenaortenringe untersucht. Folgende Weine wurden für die Untersuchung ausgesucht: drei „en Barrique“, d.h. in neuen Eichenfässern ausgebaute Rotweine (Châteauneuf-du-Pape, Bordeaux und Barolo), drei in Stahlfässern ausgebaute Rotweine (ein typischerweise auf der Maische vergorener Beaujolais primeur sowie ein Ahr - Spätburgunder und ein Valpolicella), ein „en Barrique“ ausgebauter Weißwein aus dem Rioja und ein im Stahltank ausgebauter Weißwein (Mosel – Riesling).
Neben den „en Barrique“ ausgebauten französischen und italienischen Rotweinen erwies sich auch der auf der Maische vergorene Beaujolais primeur als gefäßerweiternd. Beim letzteren war jedoch der Effekt nicht so ausgeprägt wie bei den roten Barrique-Weinen. Im Gegensatz dazu wirkten der getestete Ahr - Spätburgunder und der Valpolicella nicht gefäßerweiternd. Ebenfalls hatten die untersuchten Weißweine keinen signifkanten Einfluss gefäßerweiternde Wirkung auf die Herzkranzgefäße. Dies galt auch für den „en Barrique“ ausgebauten weißen Rioja, was darauf hinweist, dass der Barrique-Ausbau alleine nicht für die gefäßerweiternde Wirkung bestimmter Weine verantwortlich ist.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
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