Superfoods - Was genau ist das?
Was steckt wirklich dahinter?
„[…] und obwohl wissenschaftliche Studien oft positive gesundheitliche Wirkungen [der Inhaltsstoffe] ergeben, lassen sich die Resultate nicht unbedingt auf die reale Ernährung übertragen“, so das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel.
Der Begriff selbst ist eine Wortschöpfung der Marketing-Branche und ist rein rechtlich weder geschützt noch genau definiert.
Eine verbindliche Liste an Superfoods gibt es auch nicht. Früher waren es Lebertran, Sanostol, Rotkäppchen, Apfelessig oder Aloe-Vera-Saft, denen man wahre Wunder nachgesagt hat; heute sind es Goji- und Acai-Beeren, Chiasamen, Kakao oder Matcha. Sie sollen schlank machen, verjüngen und sogar Krebs vorbeugen und heilen und vieles mehr. Ernährungsexperten warnen vor allzu großen Erwartungen an die exotischen Früchte und Samen. „Das sogenannte Superfood kann den Speiseplan ergänzen, aber man sollte sich keine Wunder erhoffen“, sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn. „Wichtig ist eine ausgewogene und vielfältige Ernährung.“ „Viel hilft viel“, so ein Werbeslogan. Um einen gesundheitlichen Nutzen zu erreichen, braucht man tatsächlich relativ viel. Hippe Superfoods (engl. foods: Lebensmittel) sind allerdings auch sehr teuer und werden zusätzlich meist auch in Kapseln oder Pulvern als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. Besser sind ganze frische Pflanzen(teile), weil bei isolierten Stoffen plötzlich ein Element in großen Mengen aufgenommen wird und dabei die anderen relativ zu kurz kommen. Frische Super-Lebensmittel sind einfach gesünder. Es gibt Alternativen: heimische regionale Superfoods, die um einiges preiswerter sind wie Brennnessel, Brokkoli, Walnuss, Sauerkraut, Kohlsorten, Löwenzahn, Heidel-, Johannis-, Brombeeren, Hagebutte, Äpfel, Birnen etc. und auch noch andere Vorteile
haben.
Goji-Beeren hängen am gemeinen Bocksdornstrauch. Seine Früchte schmecken je nach Anbaugebiet von süß über säuerlich bis zu herb, so ein bisschen wie Feigen oder Dörrpflaumen. Seine Beeren (100g bis zu 6€) sollen in der traditionellen chinesischen Medizin unter vielem anderen gegen Benommenheit, Diabetes, Anämie, Erkältungen, Erschöpfung, Überanstrengung und Unfruchtbarkeit helfen. Traditionell konsumieren die Chinesen Goji-Beeren gegen hohen Blutdruck und Blutzucker, bei Augenproblemen und zur Stärkung des Immunsystems sowie gegen Krebs. Bei uns werden sie als „natürliche Anti-Aging-Quelle“ gepriesen. Obwohl die Beeren meist aus China importiert werden, wächst der Strauch auch hier in Deutschland, vor allem im Osten.
Doch Achtung: Wer Medikamente zur Blutverdünnung nimmt, verstärkt deren Wirkung und das kann vermehrt zu Blutungen führen. Außerdem können Allergien auftreten.
Goji-Beeren beeinhalten 500 mal so viel Vitamin C als Orangen, aber auch andere Vitamine (A , B, C und E), viele essentielle Aminosäuren, 21 Mineralien und Spurenelemente und viel pflanzliches Eiweiß, das auch beispielsweise in der Brennnessel oder den Esskastanien steckt. Sanddorn und Hagebutte sind unter anderem auch hervorragende Vitamin C Quellen. Die Goji-Beere sei zwar gesund, aber sie habe normalem Obst und Gemüse nichts voraus, so das Fazit des Ernährungswissenschaftlers Emilio Martínez de Victoria von der Universität Granada.
Acai-Beeren ist eine Frucht der südamerikanischen Kohlpalme. Sie schmecken fettig, erdig, nussig und pelzig. Sie sollen schlank machen und sexuell stimulieren, was wissenschaftlich allerdings nicht bewiesen ist. Auch Löwenzahn soll beim Abnehmen und Fasten helfen und die Frühjahrsmüdigkeit vertreiben.
Die hier vorkommenden Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind zum Beispiel auch in Walnussöl, Leinsamenöl oder Sonnenblumenkernen, Sonnenblumenöl und Rapsöl, Magnesium vor allem in Vollkornprodukten (zum Beispiel Vollkornbrot, Vollkorn-Nudeln, Vollkorn-Reis, Haferflocken, Cornflakes), Mineralwasser, Leber, Geflügel, Speisefisch, Kürbiskernen, Sonnenblumenkernen, Schokolade, Kartoffeln etc. vertreten. Die Anthocyane (wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die Blüten und Früchten eine intensive rote, violette oder blaue Färbung verleihen) der Acaibeeren steckten auch in Rotkohl, Holunder oder Schwarzen Johannisbeeren.
Da die empfindlichen Beeren den Transport nach Europa nicht überstehen, sind die in Deutschland als Superfood verkauften Açaí-Produkte nur als Pulver (100g 16,60€), Saft oder Püree erhältlich.
Chia-Samen schmecken eigentlich nach nichts, sind geruchs- und nahezu geschmacksneutral und kommen ursprünglich aus Mexiko. Sie haben einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, Proteinen, Antioxidantien, und an den Vitaminen A, B3 (Niacin), B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin) und B9 (Folsäure). Außerdem sind die Mineralstoffe Kalzium, Phosphor, Kalium, Zink und Kupfer sowie Antioxidantien (Vitamin C oder E) enthalten. Vitamin C oder E finden sich allerdings auch vermehrt in heimischen Obstsorten, vor allem in Äpfeln und Tomaten oder der Hagebutte.
Was den Nährstoffgehalt und die Wirkung auf die Verdauung angeht, kann man diese Samen mit dem heimischen (!) Leinsamen in etwa vergleichen.
Chia-Samen (100g etwa 2-3€) haben immerhin doppelt so viel Kalium wie Bananen, drei Mal mehr Eisen als Spinat, fünf Mal so viel Kalzium wie Milch und drei Mal mehr Antioxidantien als Heidelbeeren! Die ungesättigten Fettsäuren wirken als natürlicher Blutverdünner, was das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen, senken soll.
„Deutschland ist kein Vitaminmangelland. Wir sind nicht auf exotische Lebensmittel angewiesen, um unseren Nährstoffbedarf zu decken“, meint Ernährungsexpertin Frau Restemeyer.
Lange Transportwege verbrauchen viel Energie und belasten das Klima, vor allem bei Ware aus Übersee. Gerade bei exotischen Früchten sind die Umwelt- und Arbeitsbedigungen oft sehr schlecht. Die meisten Rückstände an Pflanzenschutzmitteln weisen Lebensmittel aus dem Ausland auf. Lebensmittel aus Übersee werden unreif auf die Reise geschickt, um nicht unterwegs zu verderben. Regionales Obst und Gemüse kann dagegen voll ausreifen und ist daher vitalstoffreicher und gesünder. Wer ganz sicher sein will, dass er saisonale und regionale Produkte bekommt, sollte direkt beim Erzeuger einkaufen, also auf dem Hof oder auf Wochenmärkten oder in Supermärkten nach diesen Produkten fragen. Übrigens: Produkte, die sofort nach der Ernte schockgefrostet eingefroren werden, verlieren kaum ihre gesunden Inhaltsstoffe. Im Folgenden stellen wir zwei Beispiele von regionalem Superfood vor.
Die Brennnessel ist nicht nur sehr gesund, sondern schmeckt auch noch ausgezeichnet. Besonders aber ihre Samen sind sehr reich an wertvollen pflanzlichen Proteinen. Von wegen Unkraut! Die Samen enthalten zudem wichtige Mineralien wie Kalium, Eisen und Kalzium. Auch Carotinoide und Chlorophyll sind darin enthalten sowie eine Menge der Vitamine A, B,C und E. Im Mittelalter waren sie in manchen Gebieten sogar für Mönche und Nonnen verboten, da sie die Lust beim Mann steigern und seine Samenproduktion erhöhen sollte. Bei Frauen sollte der Östrogengehalt steigen. Wegen seiner anregenden Wirkung sind Brennesselsamen ein bewährtes Mittel bei Müdigkeit und Leistungsschwäche. Ob Gicht und Rheuma, Bluthochdruck oder Störungen des Verdauungstraktes Brennesselsamen sollen bei einer Vielzahl von Beschwerden helfen, vor allem auch bei Haarausfall und Prostatabeschwerden. Arthrose, Arthritis, Blasenprobleme soll die Brennnessel lindern sowie entzündliche Darmerkrankungen positiv beeinflussen können. Bei Harnwegsinfekten und einer Reizblase kann Brennnesseltee helfen. Wegen dieser harntreibenden Wirkung wird vermehrt Harnsäure ausgeschieden, was gegen Gicht hilfreich sein kann. Brennnesselöl findet man hauptsächlich in der Kosmetikindustrie. Wenn die Brennnessel nur ein Teil ihrer heilenden Versprechungen hält, ist sie ein Highlight unter den Superfoods. Wer ihre Samen selbst im August sammeln möchte: Nur die reifen gelblich gefärbten Samen verwenden.
Brokkoli wird vor allem in Italien und Spanien angebaut. Zwischen Juni und Oktober gibt es ihn aber auch aus heimischem Anbau zu kaufen. Brokkoli (wie auch andere Kohlsorten) strotzt nur so an gesundheitsfördernder Power. Er ist besonders reich an Mineralstoffen wie Kalium, Kalzium, Phosphor, Eisen, Zink und Natrium und an Vitaminen wie B1, B2 (Riboflavin), B6, E und besonders Ascorbinsäure (Vitamin C) und Carotin (Provitamin A). Die in Brokkoli enthaltenen Glucosinolate sind Vorläufer von Senfölen, die Stoffe speichern können, denen in klinischen Studien eine krebshemmende Wirkung nachgewiesen werden konnte. Um das Krebsrisiko verschiedener Krebsarten wie Brust- oder Prostatakrebs kontinuierlich zu senken, wird ein regelmäßiger Verzehr empfohlen. Brokkoli kann auch bei Verdauungsstörungen und Entzündungen helfen und das Immunsystem stärken. Sein Lutein und Zeaxanthin unterstützen die Gesundheit der Augen. Durch Kaempferol sollen die Auswirkungen der Allergie auslösenden Substanzen auf den Körper reduziert werden.
Hohe Konzentrationen an Vitamin K können vor allem vor „Arterienverkalkung“ schützen und das Herz-Kreislauf-System stärken.
Omega-3-Fettsäuren, Sulforaphan, das auch das Wachstum verschiedener Tumore hemmen soll, Folsäure und Niacin sind weitere Inhaltstoffe. Wird Brokkoli regelmäßig verzehrt, kann sich im Körper die Vitamin- und Mineralstoffaufnahme anderer Lebensmittel maximieren. Brokkoli ist kalorienarm und kostet pro 100g meist nur etwa 0,25€. Gefroren und schockgefrostet kann man ihn das ganze Jahr über „regional“ genießen.
Es gibt so gute Rezepte, um Abwechslung in die Küche zu bringen.
Fazit: Superfoods sind auf dem Vormarsch und sie sind gesund, keine Frage.
Viele der positiven Inhaltsstoffe sind nach Ansicht der Experten/innen aber auch in heimischen Lebensmitteln
enthalten und somit oft für weniger Geld zu haben.
Diese kann man oft in der Natur sammeln oder im Garten oder Balkon anpflanzen. Auch ihre Ökobilanz ist besser als die von Chia, Goji, Acai & Co. Ob sie wahre Wunder bewirken können, sei dahingestellt. Viele glauben daran. Glaube versetzt ja bekanntermaßen Berge. Andere halten es für Quacksalberei. In einigen Fällen bestätigt die Wissenschaft die gesundheitsfördernde Wirkung der Super-Lebensmittel. In anderen Fällen hält sie sich diesbezüglich noch sehr zurück, vielleicht weil wohl eine Pille gegen Rheuma mehr Geld bringt als ein Brennnesselsalat aus freier Natur?
Doch der Mensch lebt nicht vom „Brot“allein.
Schmetterlinge im Bauch, angenehme soziale Kontakte, Bewegung, Spaziergänge in Wald und Flur sowie ein gesundes Gottvertrauen etc. können auch helfen, ein erfülltes und gesundes Leben zu führen.
HS