Großzügigkeit
Mit Großzügigkeit zum eigenen Glück
»Geben ist seliger als Nehmen«, heißt es schon in der Bibel.
(Ausgabe Nr. 59 JUN/AUG21)
Wissenschaftler der Universität Zürich und der Universität Lübeck haben das jetzt wissenschaftlich bewiesen und stellten fest, dass großzügige Menschen glücklicher sind, als solche, die eher nur an sich selber denken. Was jedoch auch die Schweizer Forscher verblüffte ist, dass schon allein der Vorsatz, großzügig zu sein, glücklich macht, denn der Bereich im Gehirn, der prosoziales Verhalten und Großzügkeit verarbeitet, löst das Gefühl in einem anderen Hirnbereich aus.
Versuchspersonen wurde Geld zum Ausgeben angekündigt. Die einen verpflichteten sich, etwas davon für jemand auszugeben, den sie mochten. Die anderen Probanden sollten das Geld für sich selbst ausgeben. Alle wurden vorher und nachher über ihr Glücklichsein befragt. Während des Entscheidungsprozesses, wie sie das Geld ausgeben würden, wurden Aktivitäten in drei Hirnarealen gemessen. Dabei wurden unterschiedliche Hirnaktivitäten zwischen den zu Großzügigkeit oder Egoismus verpflichteten Menschen gemessen. „Die Studie beweist unter absolut kontrollierten Laborbedingungen, dass tatsächlich Großzügigkeit mit Glücksgefühl zusammenhängt und auch mit biologischen Daten, wie Hirndaten“, so Dr. So Young Park, Psychologie-Professorin an der Uni Lübeck. Damit sei aber keine aufopfernde Selbstlosigkeit gemeint, sagt Professor Philippe Tobler vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich. Auch auf das Wohlergehen von Mitmenschen zu achten, verändert dem Wissenschaftler zufolge das eigene Wohlgefühl. Das wohlige Gefühl, das sich dabei einstellt, nennen Wissenschaftler „warm glow“. Was und in welchem Umfang geschenkt wird, ist für das Glücksgefühl eher zweitrangig.
Um Großzügig sein zu können, muss ein Mensch sich sicher fühlen. Ein Paradoxon ist z.B., dass arme Leute oft großzügiger sind als Reiche. Eine Geschichte aus der Toscana zeigt das besonders gut auf. Dort lebte ein reicher Padrone auf seinem großen Gehöft, abgesichert mit einem gut verschließbaren Gittertor. Um ganz sicher zu sein, hatte er den Abschluss seiner Gartenmauer extra noch mit Glasscherben gespickt.
Sein Halbpächter, der ärmer war, verhielt sich dagegen ganz anders. Er unterbrach sogar seine Feldarbeit, wenn er einen Fremden kommen sah. Dann lud er ihn gerne auf ein Glas Wein an einem alten Tisch im Schatten eines alten Obstbaumes ein. Jetzt fragen wir uns, wer ist der Glücklichere von beiden? Der großzügige ärmere Pächter oder der reiche Padrone, der Angst hat vor Räubern und Dieben?
Wer schon einmal in ärmeren Ländern unterwegs war, wie Rumänien oder Moldawien, der hat die großzügige Gastfreundschaft dieser Menschen kennenlernen dürfen, die bereit waren, auch das Wenige, was sie hatten, mit Gästen zu teilen. In unserer Wohlstandsgesellschaft wird Gastfreundschaft nicht ganz so groß geschrieben. Man getraut sich auch kaum, jemanden spontan zu besuchen. Man meldet sich an oder lädt bewusst Freunde ein. Doch ein ganz einfaches Element, mit dem man großzügig sein kann, ist es, spontan einfach Zeit zu verschenken.
Wer liebt, ist großzügig,
wer geliebt werden will,
zählt kleinlich die
ihm zustehenden Liebesbeweise.
Ein Mangel an Gemeinschaftsgefühl hat auch Auswirkungen auf die Gesundheit. „Sozial isolierte Menschen hatten im Vergleich zu jenen, die über ein starkes Zusammengehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl verfügten, ein mindestens zwei- bis fünfmal so hohes Risiko, vorzeitig zu erkranken und zu sterben.“ so Dean Ornish, der Leibarzt von Bill Clinton und Spezialist von Herzkrankheiten.
Auch Oscar Wilde stellte fest, dass die Menschen von jeder Sache den Preis, aber nicht den Wert kennen würden.
Bei Verliebten ist es meist so, dass sie die Wünsche des Gegenübers von den Augen ablesen können, denn sie beobachten einander genau. Der andere ist wichtig, man sieht, ob er glücklich ist, ob er entspannt ist und so sind Verliebte im Geben und Nehmen absolut großzügig miteinander.
Also nehmen wir es uns doch vor und setzen das in die Tat um, großzügig zu sein. Vor allem jetzt in dieser angespannten Zeit – nicht nur großzügig, den anderen zu Beschenken, sondern auch großzügig mit Mut machenden Worten zu sein und Zeit für einander zu haben.
„Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ (Bibel, NT, 2. Kor.9,6ff)
RS