Dentosophie Zentrum in Deidesheim
Thomas Steinmetz vom pfalz-magazin im Gespräch mit Frau Dr. Silke Waggershauser und Frau Franka Meuter (TS = Thomas Steinmetz; FM = Frana Meuter SW = Silke Waggershauser)
TS: Fangen wir doch einmal von ganz von vorn an. Ich könnte mir vorstellen, dass es viele gibt, die sich unter dem Begriff "Dentosophie" nichts Konkretes vorstellen können. Daher meine Frage: Was genau versteht man unter Dentosophie?
SW: Man versteht darunter eine ganzheitliche Methode, die zum Ziel hat, bei unseren Patienten, das Atmen, Schlucken und Kauen wieder zu erlernen. Diese drei Grundfunktionen sind so wichtig, da sie dazu führen, dass z.B. erwachsene Patienten mit den Zähnen knirschen oder Kiefergelenkprobleme haben oder Kopfschmerzen, Tinnitus, Nacken- und Rückenverspannungen aufweisen, diese Patienten profitieren davon, wenn sie richtig atmen, schlucken und kauen.
TS: Und bei den Kindern...?
SW: Bei den Kindern ist das so, wenn sie beim Atmen, Schlucken und Kauen die Muskeln richtig trainieren, dann wächst der Kiefer so, dass alle Zähne ihren richtigen Platz finden, sodass die Kinder dann ganz oft gar keine Zahnspangen brauchen. Oft werden wir gefragt ab welchem Alter die Kinder mit Dentosophie behandelt werden können. Das geht z.T. schon ganz früh: ab den ersten Milchbackenzähnchen, also so ab 18 Monaten. Hier geht es z.B. um Schnullerentwöhnung. Dazu gibt es ganz bald (voraussichtlich Oktober 2023) sogar einen freiverkäuflichen Balancer für die Allerkleinsten im Dentosophie-Shop (www.dentosophie-shop.de). Oder es besteht sogar noch früher Behandlungsbedarf. Falls z.B. Stillprobleme oder Gedeihstörungen vorliegen muss sofort ab der Geburt gehandelt werden, wenn z.B. ein zu kurzes Zungenbändchen festgestellt wird. Da liegt ja die Kompetenz meiner Kollegin.
FM: Da kommt dann die Zunge mit ins Spiel, denn sie ist maßgeblich beteiligt am Saugvorgang. Und beim wachsenden Kind gilt: nur wenn die Zunge 70 mal pro Stunde oben am Gaumen anschlägt, dann wird der Gaumen breit und flach; und dann haben die Zähne auch genügend Platz. Ist die Zungenfunktion eingeschränkt, sodass die Zunge unten am Kiefer aufliegt, dann ist das Wachstum des Gaumens gestört, manchmal ist es so, dass wenn die Zunge unten aufliegt, dass dann der Unterkiefer breiter wird, der Oberkiefer schmaler bleibt. Dann hat man einen sogenannten Kreuzbiss und das hat wiederum negative Folgen für das spätere Leben.
TS: Hat denn das auch etwas mit dem Schlaf zu tun, dass man beispielsweise falsch atmet?
FM: Oh ja, denn nachts geht der Mund auf, denn die Zunge ist ein schwerer Muskel...
TS: Dann bekommt man sicher einen trockenen Mund...?
Ja, da gibt es auch ein gutes Buch dazu: 77 Erkrankungen entstehen durch falsche Atmung heraus. Dieses Buch ist so beschrieben, dass das jeder verstehen kann. (Ralph Skuban: die Buteyko Methode, ISBN 3861911205 Anm.)
SW: Die Frage an unsere Patienten ist zum Beispiel: "Wachen Sie mit trockenem Mund auf?" Wenn nun diese Frage bejaht wird, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass der Patient nachts durch den Mund atmet und damit nicht genug ausruht, die Frage ist also: Wie wacht man auf? – Ist man ausgeruht? Denn wenn wir nach der Schlafqualität fragen, dann sagen die meisten eigentlich, ich schlafe gut. Aber eigentlich geht es darum, wie wachst du auf?
TS: Hat das auch etwas mit dem Schnarchen zu tun?
SW: Ja, genau. Denn insbesondere ab einem gewissen Alter leiden die Männer, aber auch Frauen. Ehrlich gesagt, leidet der jeweils andere unter seinem Ehepartner. Hier liegt immer eine Mundatmung vor, in der Nacht und wahrscheinlich auch am Tag. Denn die Lippen sollten immer geschlossen bleiben. Der Mund ist zum Essen da und die Nase zum Atmen.
TS: Und der Mund ist auch zum Sprechen da. Vor allem bei den Frauen (alle lachen)
SW: Wir sagen gerne: die Zunge ist die beste Kieferorthopädin des Körpers. Sie hat soviel Kraft, den Gaumen ideal auszuformen, eben genau durch diese 2000 Schluckvorgänge am Tag. Die Zunge hat ihren perfekten Partner in der Atmung. 20.000 Atemzüge nehmen wir täglich durch die Nase. Dann wächst der Bereich des Mittelgesichtes genau der Bereich der schön und breit sein soll, damit alle Zähne ihren Platz finden.
FM: Genau. Und der Oberkiefer ist ja auch der Platz für die Nase. Wenn der Oberkiefer schmal und hoch bleibt, habe ich eine Nasenscheidenwandverkrümmung, dann kriege ich auch schlechter Luft durch die Nase. Nur wenn die Zunge oben am Gaumen liegt, der Mund geschlossen bleibt, und ich durch die Nase atme, bildet sich in der Kieferhöhle Stickstoffmonoxid, das ist ein desinfizierendes Gas. Das heißt, die Nase filtert die Atemluft. Dieses Gas desinfiziert also unsere Atmung, das heißt wir kriegen saubere Atemluft in die Lungen, wenn ich durch den Mund atme, eher nicht. Dieses Gas reichert unseren Blutsauerstoff um 10-15% an. Sportler, die anfangen zu trainieren, tapen sich bewusst den Mund zu, damit sie gezwungen sind, durch die Nase zu atmen.
TS: Das ist interessant... das heißt also, dass dadurch die Leistung gesteigert wird?
Kollegin: Ja, absolut. Jedenfalls viel mehr wie wenn man durch den Mund atmet.
SW: Nobelpreis 90er Jahre, wir erzählen hier nichts Neues. Dieses Stickstoffmonoxid wurde entdeckt und was es im Körper bewirkt, die Gefäße werden erweitert und der Sauerstoff besser in die Zellen kommt. (Für die Entdeckung von NO als Botenstoff im Herz-Kreislauf-System wurden die amerikanischen Wissenschaftler Robert F. Furchgott, Ferid Murad und Louis Ignarro 1998 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Anm.) Die Bedeutung dieser Nasenatmung ist also total wichtig. Ich mag das ja sehr, in Bildern zu sprechen, vielleicht ist das ja auch für Ihre Leser interessant: wenn wir also durch den Mund atmen, dann kann man sich das so vorstellen wie einen Feuerwehrschlauch, der so schlabberig und weit ist. Das heißt die Luft kommt da nur so hereingekleckert. Wenn wir aber durch die Nase atmen, dann ist das wie so ein strammer, enger Feuerwehrschlauch. Dann kommt die Luft mit Druck in die Lungen hinein. Das ist also der Unterschied, so rein physikalisch. Dann gibt es noch ein anderes Bild zur Zunge, die Zunge sollte im Mund wie "Männchen machen". Also oben am Gaumen liegen und sollte eine Art Grundspannung aufweisen. Dann liegt sie richtig.
TS: Gibt es hierzu einen Rat für Eltern?
SW: Ja, Mütter sind ja sehr interessiert, wenn es um die Gesundheit der Kinder geht. Zu uns kommen Kinder, die immer wieder durch Infekte geplagt sind, erkältet sind, Mittelohrentzündung haben, Polypen-OPs... Und diese Kinder profitieren davon, wenn wir diesen Filter, von dem meine Kollegin sprach, wieder einschalten. Dass sie wirklich schön durch die Nase filtern, und so können auch Erwachsene Allergiker davon profitieren. Kein Auto würde man mit einem kaputten Filter fahren lassen. Aber sehr, sehr viele Menschen fahren ohne einen Filter herum.
FM: Auch die Fahrradfahrer. Ganz oft sehe ich, wie sie mit offenem Mund fahren. Da kommen Fliegen rein, Dreck, allein das müsste doch dazu führen, dass man den Mund zumachen sollte.
TS: Das erinnert mich an den Witz, woran man einen freundlichen Biker erkennt: An den Fliegen zwischen den Zähnen... (alle lachen)
SW: Wir haben also nun über die Zunge gesprochen, über deren Kraft. Und wir haben die Atmung erwähnt, diese 20.000 Atemzüge pro Tag. Ich sage immer provokativ: der beste Chirurg der Nase ist der beidseitige Luftstrom durch die beiden Nasenlöcher. Das ist das, was meine Kollegin angesprochen hatte mit den schiefen Nasenscheidenwänden, wenn wir gut atmen, wenn das so zusammengedrückt ist durch den Gaumen, dann ist das schief. Aber wenn wir gut atmen, dann formt sich auch das knöcherne Gebilde des Mittelgesichtes, des Oberkiefers und der Nase.
TS: Wir haben ja in unserer Nase viele solcher Windungen und Kanälchen, kann es sein, dass dadurch auch eine zusätzliche gewisse Filterung entsteht?
SW: Ja, genau. Auch die Flimmerhärchen tragen dazu bei...
FM: Und die Rachenmandeln übernehmen einen bedingten Teil. Bei Mund-Atmern erkennt man, dass die richtig große, dicke "Eier" im Rachen haben, dass die zum Teil sogar schon so groß geworden sind, dass die schon zusammen gehen. Dann kann man sich unschwer vorstellen, dass die umso mehr Probleme beim Atmen kriegen, wenn die Rachenmandeln so groß werden. Weil die dann das übernehmen müssen, was die Nase nicht übernimmt. Und interessant ist, dass in dem Moment, wo man umstellt auf die Nasenatmung, dass man beobachtet, dass sie wieder kleiner werden. Das heißt der Körper hat eine regulierende Funktion. Das heißt in dem Moment, wo wir unsere Patienten wieder dazu bringen, statt durch den Mund durch die Nase zu atmen, fangen die Rachenmandeln wieder an zu schrumpfen, weil sie dann ganz einfach keine Funktion mehr haben. Oft ist dann auch eine OP überflüssig.
SW: Wir sind natürlich nicht gegen diese OPs, wenn sie notwendig sind. Aber trotzdem versuchen wir ganzheitlich an die Ursache zu gehen. Also die Dentosophie ist sehr ursächlich in ihrem Ansatz.
TS: Sie haben vorhin etwas von den Muskeln erwähnt...
SW: Das wäre der Dritte im Bund, die Kaumuskeln, genau. Wir hatten also die Atmung, die Zunge, und der Dritte ist die Kaumuskulatur. Die Kaumuskeln sind wahre Kraftprotze, das sind die kräftigsten Muskeln im ganzen Körper. Wir haben vier pro Seite und ich sage immer, unser Kiefer ist für Kraft ausgelegt. Nicht für Geschwindigkeit, aber sehr wohl für Kraft, vergleichbar mit einem Geländewagen. Das was wir allerdings heute zwischen die Zähne bekommen, ist im Grunde zu weich, zu schlabberig. Zuviel Breiiges, zuviel Smoothies, zuviel Quetschies. Der Kaumuskel muss aber diese Funktion haben. Das kann man beobachten bei Naturvölkern, oder unseren Vor-vor-vorfahren, die hatten alle sehr harmonische Bisse, und hatten keine orthopädischen Probleme, weil sie eben die Nahrung noch zermalmt haben. Deswegen haben wir unser Trainingsgerät, den so genannten Balancer. Das ist ein Gerät, welches der Patient ein Stündchen am Tag trägt und in der Nacht. Das hat eine Konsistenz wie so eine zähe Brotrinde oder zähes Fleisch. Das ist genau das Terrain für den "SUV" des Schädels, damit alles trainiert und "rund" wird. Auch für Erwachsene ist es so, dass man trainiert, federnd, da wird das Kiefergelenk besser durchblutet, es bildet sich Gelenkschmiere, soche Verspannungen wie Kieferpressen, Zähneknirschen, und Knacken verschwinden. Der Kiefer ist auch da wie ein Klodeckel, zwei Scharniere an beiden Seiten, und wenn ich zum Beispiel nur an einer Seite kaue, dann lümmelt sich das so aus. Wir sorgen dafür, dass mit dem Balancer, dass wieder beidseitig federnd gekaut wird, sodass dieses Gelenk, die beiden Scharniere wieder gut geölt sind.
TS: Hochinteressant. Zurück zum Anfang. Sie sprachen von der Ganzheitlichkeit. Was hat der Mund mit dem Rest des Körpers zu tun?
FM: Wenn die Zunge bei diesen Funktionen richtig liegen kann, haben wir auch eine richtig gute Haltung. Das heißt, das Zungenband legt sich über die Faszien der Muskeln, und das setzt sich fort bis hinunter zu den Zehen. Die ganze Körperhaltung profitiert davon. Dann sitzt der Kopf korrekt auf den Schultern, man hat keine Nackenprobleme mehr, die ganze Haltung richtet sich auf.
TS: Das hat sicher auch etwas mit dem Rücken zu tun?
(beide stimmen heftig zu)
SW: Mamas sagen oft: "Halt dich gerade!", "Setz dich gerade hin!" Aber wenn die Zunge wie angetackert unten liegt, dann entsteht ein Zug nach unten. Hier kann es notwendig sein, dass man das Zungenbändchen zur Entlastung bringt. Das kann man mit einem Laser bewerkstelligen, da weiß meine Kollegin mehr, um diese Zungenfunktion wieder zurück zu bringen. Nämlich Atmen, Schlucken und Kauen sind ein Dreiklang, ein Trio. Wenn eins in dieser Kette schwach ist, dann sind die anderen beiden auch schwach. Deswegen gucken wir so stark auf die Zunge und ihre Funktion.
FM: Genau. Die Zungenmobilität ist das wichtigste, dass das überhaupt funktionieren kann. Und in dem Moment, wo diese Zungenmobilität eingeschränkt ist, dass das Zungenbändchen bis fast zur Zungenspitze geht.
TS: Sowas gibt es?
FM: Ja, das gibt es, ist zum Teil vererbt, das stellt sich in der 12. Schwangerschaftswoche ein, das hat man also auch von Geburt an. Das ist also nichts, was man sich aneignet. Das Zungenband ist eine Sehne, die kann man bis zu 3% dehnen. Aber ich brauche körperliche Regulatorien, um das hinzubekommen. Und die Muskulatur muss das irgendwie ausgleichen. Wenn Kinder Sprachschwierigkeiten haben, bestimmte Laute oder Buchstaben nicht aussprechen zu können oder die lispeln, muss man herausfinden, woran das liegt. Oft ist die Schwierigkeit die eingeschränkte Zungenmobilität.
TS: Wie können sich die Patienten solch einen Eingriff denn vorstellen? Es mag vielleicht der Eine oder Andere Befürchtungen haben, dass jemand "herumschnippelt", das tut weh, die Narkose und das alles? Können sie diese Befürchtung entkräften?
FM: Also die Narkose ist für diesen Eingriff schonmal gar nicht nötig. Es ist also ein relativ kleiner Eingriff unter örtlicher Betäubung, meistens ist es so, wir geben erstmal ein bißchen Gel auf das Bändchen, dann kommt natürlich auch eine kleine Spritze mit ganz kleiner Öffnung mit angewärmter Kanüle, wo dieses Anästhetikum verabreicht wird. Das merken selbst die Kinder kaum. Ich glaube, wir haben das bestimmt schon tausendmal gemacht.
TS: Oh, wirklich?!
FM: Ja, ich mache das jetzt schon seit fünf Jahren. Es ist ein einfacher Eingriff, wo das Bändchen verlängert wird. Durch das Trennen der Sehne geht die Spannung raus.
TS: Wie lange dauert der Behandlungserfolg danach?
FM: Das sieht man sofort. Man sieht die Bilder, das Kind oder ein Erwachsener stehend, einmal die Schulter zu mir, dann sagt man "Leg doch mal deinen Kopf in den Nacken", und dann mache ich direkt nach der OP Bilder, und man sieht, die Patienten stehen viel gerader, und ich hatte letztens ein 9 jähriges Mädchen, die ich operiert habe, die stand auf vom Stuhl und meinte: "Ich stehe viel gerader!" und sagte, "Meine Schulterverspannungen sind weg!" – sofort! Und eine Dame in mittlerem Alter hatte gemeint, "Meine Schulterverspannungen sind nicht nur weg, sondern auch meine Verspannungen im Bauch!" Wer ein gutes Körpergefühl hat, merkt das ganz oft sofort nach der Behandlung. Bei den Müttern mit den Babys, die gestillt werden müssen, merkt man das auch, denn Stillen sollte schmerzlos sein. Oft ist es nämlich das Problem, dass das Zungenband zu kurz ist und das Baby die Zunge nicht richtig bewegen kann und deswegen eher an der Brust der Mutter kaut, als dass es die Zunge bewegt, um richtig saugen zu können.
SW: Saugen ist auch der Vorgänger des Kauens. Es ist der gleiche Muskel.
FM: Und die Mütter spüren den Unterschied, es fühlt sich nun ganz schmerzfrei an. Insofern können wir da ganz ganz vielen Müttern helfen, um gut, lange und schmerzfrei zu stillen.
SW: Weil genau da beginnt die eigentliche Prophylaxe, denn Atmen, Schlucken und Kauen. Diese Muskeln fördern perfekt das Wachstum des Kiefers, sodass später gar keine Zahnspange gebraucht wird. Das fängt schon bei den allerkleinsten an. Ganz wichtig ist auch der Aspekt, dass dieser Eingriff mit dem Laser am Zungenbändchen nicht einfach so vollzogen wird und dann war's das, sondern eingebettet wird in eine Therapie. Die Kraft muss also vorher schon trainiert sein, um dann nach der Trennung auch weiter zu trainieren. Es ist nämlich möglich, dass wenn man nichts mehr weiter tut, dass das Zungenbändchen wieder zusammenwächst. Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden. Wir loten auch immer genauestens aus, was machbar ist, auch die erwähnten 3% der Dehnungsmöglichkeit, schicken die Patienten zum Ostheopathen, Logopäden, die Kinder trainieren mit dem Balancer, schicken die Mütter zur Stillberatung, um wirklich nur bei stimmiger Indikation dann diesen Eingriff zu machen.
TS: Wird die Kasse denn solch einen Eingriff bzw. die ganze Therapie denn bezahlen?
SW: Die Kassen übernehmen das nicht. Beim Kind ist das so. Die Kasse hat das Ziel, ganz gerade Zahnbögen zu generieren. Wenn wir das haben wollen, dann müssen wir eine Kraft, eine Zahnspange applizieren, damit der Zahn sich genau so bewegt, wie wir das haben möchten. Diese Kräfte kann man vorherplanen, entsprechend sind die Ergebnisse sozusagen vorhersehbar. Was wir aber machen ist, wir arbeiten mit eigenen Kräften. Wir wissen nicht, wie schnell das geht, manchmal passiert das sehr schnell. Aber mit den körpereigenen Kräften ist das nicht so perfekt vorhersehbar, es gibt verschiedene Faktoren, ob es mal eine Erkältung gibt, oder, oder... Daher ist die Geschwindigkeit nicht vorhersehbar. Aber Krankenkassen verlangen von uns einen Zeitplan. Wir wollen aber Kindern genau die Zeit geben, die sie brauchen, um dieses Wachstum zu generieren, damit die Zähne sich dahin stellen, wo das Kind sie möchte. Das Ergebnis also ist rezidiv frei, weil viele Zahnspangenträger sind damit konfrontiert, dass sie lebenslang solch einen Draht tragen müssen, der die Zähne auch da hält. Und das kann Probleme verursachen und den Erfolg verhindern und die Zähne rezidivieren (=Rückfall der Krankheit, Anm.). Das was wir da aber machen, das ist und bleibt stabil. Das geniale ist: durch das Wiedererlernen von Atmen, Schlucken und Kauen – also Funktionen, die wir sowieso immer auführen müssen – wird das Kind zu seinem „eigenen Kieferorthopäden“
TS: Da wären wir also bei dieser erwähnten Ganzheitlichkeit?
SW: Ja, genau. Deswegen versuchen wir auch bei dieser Begleitung, die für ein Kind ein Jahr dauert, dann kommt das Kind alle sechs Wochen, dann machen wir osteopathische Handgriffe am Schädel direkt, um Wachstumsimpulse zu geben und zu fördern. Bei den Erwachsenen ist das so, da übernimmt die Krankenkasse laborgefertigte, harte Schienen, aber die Therapie mit dem Balancer nicht.
FM: Die Kassen übernehmen die Kosten bei Erwachsenen und Kindern nicht, die Privaten allerdings schon eher. Die Behandlung mit dem Laser leider auch nicht. Man muss hier bedenken, dass die Krankenkassen 1918 gegründet wurden, zu Bismarcks Zeiten, um Kranken zu helfen; das heißt: erst wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, versuche ich, es herauszuholen, und nicht, um Prävention zu machen. Ganz allgemein, Prävention wird eben nicht bezahlt von der Krankenkasse. Man muss sich dessen einfach bewusst sein, dass es eine Solidargemeinschaft ist, die dafür da ist, um Kranken zu helfen und nicht, um Gesundheit zu produzieren.
TS: Mit welchen Kosten muss man denn da eigentlich rechnen?
SW: Diese Kosten sind für alle sichtbar unter www.dentosophie.de Da gibt's einen Reiter "Patienten", da gibt es ganz viele Informationen über Dentosophie und man kann die wirklich überschaubaren Kosten nachlesen. Der Preis ist jedenfalls in der Tat unglaublich günstig, für das, was wir hier an Gesundheitsprophylaxe bewirken. Wir helfen ganz vielen Familien tatsächlich Geld zu sparen. Es geht in der Tat um Lebensqualität. Diese Methode kommt übrigens aus Frankreich. Die Dentosophie ist verbreitet in Italien, Spanien und Frankreich. Ich habe selbst sechs Jahre in Spanien gelebt und habe dort in Madrid und in Frankreich die Ausbildung gemacht und habe eine ostheopathische Zusatzausbildung gemacht und eine posturologische Ausbildung als dritten Teil. Als ich vor drei Jahren zurückgekommen bin nach Deutschland, war ich selbst überrascht, dass Menschen aus ganz Deutschland zu mir gefunden hatten, so habe ich mich dazu entschieden, Dentosophie auch auszubilden. Meine Kollegin ist auch ausgebildete Dentosophin seit Oktober letzten Jahres und wir haben zur Zeit fast 100 Dentosophen deutschlandweit, die diese Methode mit wachsender Begeisterung anwenden. Es macht also auch etwas mit einem Zahnarzt, der da in diese Materie eintritt, denn jeder Dentosoph trägt selbst auch so einen Balancer. Also auch wir Zahnärzte profitieren davon, im Nacken, bei guter Schlafqualität, und das ist wirklich spannend, was das mit einem Menschen macht. Es ist ein neues Bild der Zahnmedizin
TS: Und solch ein Dentosophie-Zentrum gibt es bisher noch gar nicht?
SW: Nein, wir sind das erste, und wir sind die Gründerinnen. Wohl auch aus der Situation heraus, dass ich in Deutschland eine der ersten war, die das angeboten hat, das auch weiterbildet und ausbildet und dass man das hier in Deidesheim auch lernen kann. Wir machen regelmäßig Workshops in Deidesheim.
TS: (völlig überrascht) Ach, ihr bildet auch aus? Interessant! Das ist mir nun völlig neu!
SW: Ich bin Referentin international. Ich war jetzt gerade im September 2023 in Südtirol auf einem Kongress, in Rimini... Ich werde oft eingeladen, weil die Dentosophie unglaublich interessant ist und viele Menschen in der Fachwelt darauf aufmerksam werden und diese Methode ernst nehmen.
FM: Und ich bilde dann diejenigen aus, die sich mit dem Zungenband beschäftigen, diagnostizieren sollen und später auch operieren sollen. Das heißt, es gibt bei mir den theoretischen Teil und den praktischen Teil. Im praktischen Teil lernen hier die Kollegen, wie operiert man ein Zungenband. Da war ich jetzt gerade in Los Angeles bei Dr. Zaghi, der einer der führenden in Diagnostik und Therapie ist und habe bei ihm hospitiert, um das neueste Wissen hierher mitzubringen, um hier auch entsprechend Ausbildung zu machen und dann gibt es auch tatsächlich OP-Kurse, wo die Zahnärzte dann selber ihre Patienten mitbringen. Das sind dann auch immer ganz kleine Gruppen, maximal 5, die daran teilnehmen dürfen, mehr nicht, weil man soll ja auch wirklich etwas mitnehmen können; da brauche ich also auch keine Leinwand dafür, sondern das passiert "hands on"
SW: Die Dentosophie-Kurse sind auch immer klein, im sogenannten "Dentosophie Curriculum" sind dann nur etwa 15 Leute pro Workshop. Die ganze Ausbildung ist auch sehr interdisziplinär, wir sind eine Schnittstelle für Ostheopathie, Physiotherapie, Stillberatung, Heilpraktiker, Logopädie... Ich bin stolz darauf, in diesem Feld wirklich so viel Veränderung bewirken können.
FM: Ich habe auch einen Orthopäden, der mir Patienten überweist, die eine Dysfunktion haben, wo er mir sagt, ich als Orthopäde mit Rücken komme nicht mehr weiter, da steckt noch was anderes dahinter, dann bekomme ich von ihm die Überweisung, dass ich nochmal in dem Fachbereich Mund, Zunge nachschaue. Ich habe jetzt gerade von einer Patientin eine lange, super Mail bekommen, was sie alles für einen Werdegang hinter sich hat, eine "Odyssee", und wie happy und glücklich sie ist mit dieser ganzheitlichen Methode, und sie das erste Mal seit einigen Wochen wieder schmerzfrei ist. Sie merkt, die ganze Gesichtsmuskulatur hat sich verändert. Sie beißt und kaut nicht mehr, viele Beschwerden sind einfach weg. Das macht einfach Spaß, das zu lesen.
TS: Wie sieht es denn mit eurer Vision für die Zukunft aus? Warum macht ihr das?
SW: Wir wollen einfach Verantwortung übernehmen, sowohl beim Kind als auch Erwachsenen, die Zahnmedizin mit der Allgemeingesundheit zu verbinden. "Gesund beginnt im Mund!" Und Atmen, Schlucken und Kauen sind so wichtige Funktionen, Grundfunktionen des Lebens, dass es sich definitiv lohnt, die gut ausgeführt, gut trainiert zu haben, um im ganzen Körper gesund zu sein.
TS: Aber ich glaube, die wenigsten machen sich da Gedanken darüber, oder?
SW: Das ist richtig. Niemand kommt zum Arzt und sagt: "Ich leide an Mundatmung!" (lacht) Viele kommen mit ganz anderen Leiden, aber niemand überlegt sich, woher das eigentlich kommt.
TS: Ich finde, man muss das aber auch kommunizieren, dass die Bevölkerung das auch wahrnimmt.
SW: Das ist ja auch die Vision, warum wir ein interdisziplinäres Zentrum aufbauen. Wir sind im Gespräch mit Logopäden, Osteopathen, dass wir alles unter einem Dach anbieten können, weil in der heutigen Zeit die Termine sinnvoll gestaltet sein sollten. Man kommt also ins Dentosophie-Zentrum, und jemand guckt auf die Zähne, auf die Zunge, man hat den Ostheopathen, eine logopädische Begleitung, das ist also gerade im Entstehen. Ausbildung und Aufklärung.
TS: Ich bin schwer beeindruckt. Das klingt ganz danach, wie wenn das Gebäude irgendwann zu klein sein wird.
(beide lachen)
SW: Es gibt bestimmt in kurzer Zeit weitere Dentosophie-Zentren. Wo sich diese neue Sichtweise der Zahnmedizin ausbreiten kann, wo Patienten eben keine riesigen Wege auf sich nehmen müssen. Weil zum Teil kommen die Patienten aktuell noch von sehr weit her. Der weiteste kommt von Amrum, fast schon bei Dänemark. Außerdem erscheint Ende September mein Buch „Dentosophie – die Magie der Mundhöhle“ und ein online Selbstlernkurs dazu für Patienten (und natürlich interessierte Fachleute). Wenn der Leser mag, darf er gerne schon mal hier schauen: www.dentosophie-shop.de.
Für alle interessierten Leser hier noch mal alle Infos in Kürze:
Dentosophie Zentrum: Schloßstr. 2, Deidesheim, 06326-7002640
Infos für Patienten: www.dentosophie-franka-meuter.de
Buch und online-Kurs sowie Balancer statt Schnuller: www.dentosophie-shop.de