Zur Radrennbahn in Ludwigshafen
Besucht am 15. Mai 2014
Allgemein
Ja, das hört sich doch mal gut an: in der Ludwigshafener Gastrolandschaft tut sich was! Und das nicht nur in der kulinarischen Oberliga, sondern auch bei der Hausmannskost der besseren Art. „Schuld“ daran ist unter anderem der Deutschfranzose Patrick Pierau, dessen gastronomisches Konzept einer elsässisch-pfälzisch geprägten Regionalküche schon im beliebten Ausflugslokal „Jagdhorn“ auf der Petersau bei Frankenthal aufzugehen scheint. Nun hat er sich – unterstützt von seiner Frau und seinem Bruder – im Juli 2013 mit dem Restaurant „Zur Radrennbahn“ ein zweites Standbein im Ludwigshafener Ortsteil Friesenheim geschaffen. Vergleicht man die Speisekarten der beiden Lokale, wird schnell klar: in der Vereinsgaststätte des altehrwürdigen Radfahrerclubs 1899 Friesenheim kommt in etwa das Gleiche auf den Teller wie im Petersauer Pendant, nämlich handwerklich gut gekochte Regionalgerichte mit schmeckbarem Elsässer Akzent. Damit unterscheidet sich das Lokal von Pierau, der übrigens schon in Ruppenthal‘s Marly im Hemshof gekocht hat, von der gutbürgerlichen Masse und macht daraus etwas Besonderes. Von außen wirkt die Gaststätte eher unscheinbar (siehe Bild oben). Die typische Vereinslokaloptik lässt einen fast daran vorbei fahren. Neben der Wirtschaft erleichtert ein ausreichend angelegter Parkplatz die Unterbringung des Gefährts. Aufstelltafeln mit ein paar Tagesangeboten, wie beispielsweise Kürbiscremesuppe (4,90 €) oder Salat mit Rumpsteakstreifen (12,90 €), zieren den kurzen Treppenaufgang ins Innere. Dort angekommen, ist man positiv überrascht von der rustikalen Gemütlichkeit und Wärme, die das Interieur ausstrahlt. Freiliegende Holzbalken an der Decke, gemauerte Backsteinbögen, die an einen Gewölbekeller erinnern, bequem gepolsterte, urige Holzstühle bzw. –tische und eine dezente Beleuchtung sorgen für ein angenehmes Wohlfühlambiente wie man es auch in so mancher Pfälzer Weinstube vorfindet. Mit den 60 Sitzplätzen im behaglichen Gastraum sowie dem nochmals 25 Sitzplätze fassenden Nebenzimmer ist man hier auch für größere Gesellschaften gerüstet. Der liebevoll gestaltete Flyer auf unserem Tisch verriet uns außerdem noch die Existenz eines Biergartens, auf dem bis zu 80 Personen Platz finden. Darüber hinaus informierte uns das Flugblatt über den Flammkuchen-Mittwoch, an dem das komplette Flammkuchen-Repertoire von insgesamt 10 verschiedenen Sorten für jeweils 6,50 € zu haben ist. Und Donnertags werden Schnitzel in diversen Varianten für 6,90 € auf den Teller gebracht.
Essen und Getränke
Unser Durst verlangte nach einem naturtrüben Zischke-Kellerbier aus der Bügelflasche (2,90 €), sozusagen unser Aperitif aus dem Hause Karlsberg. Die eigentliche Aperitif-Karte lockt mit Französischem. Pernod, Picon-Bier, Poire fermier und Crémant d‘Alsace machen einem die Wahl nicht leicht. Egal für was man sich entscheidet, die recht umfangreiche Auswahl macht Laune und ist gleichzeitig ein guter Auftakt für die Genüsse, die darauf folgen. Die Vorspeisenauswahl bietet französische Klassiker, wie beispielsweise Froschschenkel oder Schnecken. Auch eine Handvoll Salatvariationen stehen auf der übersichtlich gestalteten Speisekarte. Wer es mediterraner mag, bestellt gegrillte Peperoni, gebackenen Schafskäse oder in Knoblauch gebratene Riesengarnelen. Wir entschieden uns für die Tomatensuppe mit Sahnehäubchen (3,20 €), den Schafskäse aus dem Steinbackofen (7,20 €) und die Schnecken in hausgemachter Kräuterbutter (halbes Dutzend für 6,90 €). Jeder Vorspeise vergeben wir das Prädikat „besonders lecker“. Die Suppe schmeckte dezent nach Kräutern der Provence und war eine ordentliche Portion. Der Schafskäse hatte genau die richtige Würze und wurde mit einer geschmacklich gelungenen Tomaten-Oliven-Peperoni-Knoblauch-Ausstattung geliefert. Die Schnecken à la bourguignonne dufteten herrlich nach Kräuterbutter.
»Beim Hauptspeisenangebot kommt der Fleischesser voll auf seine Kosten.«
Von ausgefalleneren „Schnitzeleien" wie zum Beispiel dem „Escalope de veau trocadéro“, einem mit Käse und Schinken überbackenen Kalbsschnitzel in Rieslingsahnesauce (17,40 €), bis hin zu Elsässer Traditionsgerichten, wie etwa „Baeckeoffe“ (für 2 Personen und nur auf Vorbestellung), wird hier allerlei Herzhaftes aufgetischt. Und das inklusive einem frischen Vorspeisensalat, dessen Essig-Öl-Dressing hervorragend schmeckt. Wahlweise werden als Beilagen Pommes Frites, Bratkartoffeln, Reis oder Tagliatelle gereicht. Unsere Entscheidung fiel auf das Cordon Bleu vom Kalb (17,90 €), das man im Original mit Münsterkäse-Füllung erhält. Im Gastraum war das Plattieren des Fleisches aus der Küche hörbar. Ein Wohlklang im Ohr eines jeden Schnitzel-Liebhabers. Dazu bestellte ich eine auf kräftiger Jus-Basis hergestellte Jägersauce, die noch nicht einmal auf der Rechnung auftauchte. Sachen gibt‘s! Da wird in anderen Lokalen für ein vergleichbares Convenience-Sößchen gern mal abkassiert. Das erwähnte Trocadéro-Schnitzel gab es auch vom Schwein (14,90 €). Es schmeckte vortrefflich, wenn auch bei der Sauce die Riesling-Note aufgrund des massiven Kräutereinsatzes leider etwas in den Hintergrund gedrängt wurde. Der „Coq au vin“ (9,90 €) wurde als lang gegarter, halber Hahn mit dunkler Pinot noir-Sauce und Tagliatelle serviert (siehe Bild). Sein Fleisch war schön zart und die Sauce hatte genug Power. Wer denkt da schon an Riquewihr, wenn man für knapp 10 € so eine elsässische Spezialität im pfälzischen Friesenheim genießen kann? Wir jedenfalls nicht!
Weine
Schön auch, die gute Auswahl an offenen Weiß- und Rotweinen, die zu zivilen Preisen ausgeschenkt werden (im Schnitt um die 4 € für das Viertel). Neben einigen Kreszenzen von Schloss Friedelsheim und dem rheinhessischen Weingut Bechtel aus Worms-Heppenheim, befanden sich auch ein Pinot Gris und ein Edelzwicker aus dem Nachbarland auf der Weinkarte. Letzterer korrespondierte mit dem Hauptgang vortrefflich. Und das in drei kleine Gläser gefüllte Mousse au Chocolat (5,90 €) machte die ausgegangene Crème brûlée schnell vergessen (siehe Bild unten).
Fazit:
Bei der gutbürgerlichen Küche von Chefkoch Pierau liegt die Betonung eindeutig auf „gut“. Schnörkellos und ohne Firlefanz wird hier sowohl elsässischen Klassikern, als auch herzhaften Pfälzer Gerichten kulinarisch gehuldigt. Und das in rustikal gemütlichem Ambiente (Bild unten). Dass hier alles frisch zubereitet an den Tisch kommt, schmeckt man in der Tat. Eine frische Hausmannskost, die der Gastroszene rund um Ludwigshafen gut tut. Der Erfolg vom Erstlokal „Jagdhorn“ auf der Petersau gibt den Betreibern recht, diesen Weg auch in Friesenheim einzuschlagen. Ein wirklich empfehlenswerter Ort für gutes Essen. Und für Freunde der deftigen Elsass-Küche ein echter Zugewinn.
Zur Radrennbahn
Weiherstraße 20 | 67063 Ludwigshafen-Friesenheim