Zum Ochsen in KA-Durlach
Besucht am 11. Februar 2017 (Mittagessen)
Die neuerliche Auszeichnung mit 6 Gusto-Pfannen und der Michelin-Teller, der eine Küche von guter Qualität attestiert, haben uns nach Durlach gelockt, um im traditionsreichen Ochsen zu tafeln. Wir hatten uns im Vorfeld über das täglich wechselnde Mittags-Menü informiert und waren gespannt, was uns in dem geschichtsträchtigen Gasthaus kulinarisch erwarten würde.
Dem etwas in die Jahre gekommenen Gebäude täte ein neuer Anstrich ganz gut, so unser erster Eindruck, der beim Anblick der schon etwas abblätternden Fensterläden entstand. Der leicht verschlissen wirkende Anschein der Außenfassade löste sich beim Betreten der Räumlichkeiten jedoch sehr schnell in Wohlgefallen auf. Wir wurden von einem gut aufgelegten, männlichen Service-Duo in Anzug und Krawatte in Empfang genommen und sogleich um unsere Jacken und Mäntel „erleichtert“.
Unser Tisch befand sich im hinteren Gastraum. Der komplette vordere Bereich war schon für eine größere Gesellschaft am Abend stilvoll eingedeckt. Zum Interieur des Ochsen zeigt sich zeitlos gediegen. Holzvertäfelte Wände, lindgrüner Teppichboden, in Holz eingefasste Deckenspiegel, gepolsterte Hochlehner mit Korbgeflecht, dezente Acryl-Kunst an den Wänden und stilvoll eingedeckte Tische tauchen den Gast in eine kultivierte Gastrosphäre, deren Inneres vielleicht nostalgisch, aber keineswegs patiniert anmutet.
Ganz der traditionellen französischen Feinschmeckerküche verpflichtet, sind es in erster Linie die preistreibenden Edelprodukte, die uns auf der zweiseitigen Speisenkarte ins Auge stechen. Austern, Wachtelbrüstchen, Périgord-Trüffel, Wildfang-Steinbutt und Osiétra-Kaviar künden vom hier vorherrschenden hohen Produktanspruch. Chefköchin Anita Jollit, die seit über 35 Jahren die kulinarischen Geschicke in der Küche leitet, weiß genau, auf welche Viktualien ihre Gäste stehen. Die Preisspanne reichte bei den Vorspeisen von 18 (Langustinenschaumsuppe) bis 48 Euro (Trüffel-Carpaccio), bei den Hauptspeisen wurde bei 33 Euro eingecheckt (Wildfang-Loup de Mer) und bei 42 Euro war Schluss (Weißer Atlantik Colin mit Trüffelhaube). Daneben wurde ein monatliches Vier-Gang-Menü für 73 Euro sowie ein preisgünstigeres dreigängiges Tagesmenü für 34 Euro angeboten.
Der Sommelier aus dem Elsass und sein Kollege mit dem weißen Servierhandschuh merkten wohl, dass hier Mittagsmenü-Esser ohne Flaschenwein-Ambitionen zugegen waren. Man bediente uns routiniert freundlich, erklärte die französisch klingenden Hauptgerichte und schwirrte beschäftigt von Tisch zu Tisch im sich sukzessive füllenden Gastraum. Schade, dass der Service bei der Brotversorgung unseres Tisches nicht ganz so auf Zack war, wie das eigentlich in solchen Häusern der Fall sein sollte. Wir mussten erst nachfragen und im Anschluss lange darauf warten. Nun, der etwas stiefmütterliche Umgang mit dem obligatorischen Essensbegleiter gehört vielleicht hier zum Konzept.
Das vom Weinhüter Schwentzel gereichte Buch hatte eine beeindruckende Auswahl an Flaschenweinpositionen gelistet. Der Schwerpunkt lag klar auf dem Mutterland des Patrons Gérard Jollit, unserem Nachbarland Frankreich. Alles andere hätte uns auch gewundert. Zusätzlich sind eine Vielzahl von weißen Kreszenzen aus Baden und dem benachbarten Elsass vertreten. Pfälzer Tropfen sucht man hier leider vergeblich. Dafür stapeln sich im Weinkeller des Ochsen die Premier Crus aus dem Burgund sowie die Premier Crus Classés aus dem Bordeaux mit so klangvollen Namen wie Château Latour oder Château Pétrus.
Die Küche grüßte zweifach mit einer feinen Fischsülze (siehe Foto) und einem schaumig geschlagenen, sehr heißen Blumenkohlsüppchen aus der Espresso-Tasse. Dazu reichte man knusprig frisches Baguette und etwas Butter, die sich unter einer putzigen silbernen Cloche befand. Fleur de Sel und etwas grob gemahlener Pfeffer flankierten die Auswahl an Gaumenkitzlern.
Der dünn aufgeschnittene Tafelspitz präsentierte sich als leichte Vorspeise und war von tadelloser Fleischqualität. Der Meerrettichsauce hätte ein wenig mehr Schärfe gut getan. Die Fenchelstreifen on Top brachten zusätzlich etwas Frische auf den Teller und sorgten für ein ausgewogenes Geschmacksbild.
Die Hauptgänge in Form von Schellfisch im Brickteig und kurzgebratenem Onglet wurden serviert. Der Duft von in Rotwein geschmorten Schalotten wetteiferte mit den Röstaromen des Fleisches vom Nierenzapfen um die Gunst des Genießers (siehe Foto). Der weiche, eher grob strukturierte Muskel landete medium gebraten auf dem Teller. Sein kräftiger Fleischgeschmack passte gut zu den in Rotwein geschmorten Schalotten. Bodenständige französische Bistro-Küche – handwerklich sauber gekocht und ohne Gefrickel schnörkellos auf den Teller gebracht. Der Schellfisch im Brickteig hatte den optimalen Gargrad und das begleitende Gemüse hatte noch angenehm leichten Biss.
Zum Nachtisch gab es ein mit Schokolade gefülltes Teigbonbon, das auf einem Klecks Apfelkompott thronte. Die Idee, dem Teigbeutel mit Schokofüllung noch einen ordentlichen Karamell-Spiegel auf dem Teller zu spendieren, empfanden wir als ein zu eindimensionales, weil viel zu süßes Geschmackserlebnis. Frische und fruchtige Akzente hätten hier für mehr Ausgewogenheit gesorgt.
Fazit:
In der Summe gab uns das Mittags-Menü einen ersten Einblick in die Ochsen-Küche, wenn auch mit etwas angezogener Produktbremse. Dass man hier auch intensiver das lukullische Savoir-vivre zelebrieren kann, hat ein Blick in die mit Edelprodukten gespickte Speisenkarte bestätigt. Der nostalgische Charme des Restaurants, die Art und Weise wie man hier bedient wird und die klassische französische Küche ergeben zusammen ein stimmiges Gesamtbild, das natürlich seinen Preis hat. Uns erschien er etwas zu ambitioniert. Wer sich gern mit den kulinarischen Tugenden unseres französischen Nachbarn umgibt, wird hier nicht nur jede Menge Geld los, sondern auch richtige Gaumenfreuden erleben.
Zum Ochsen
Pfinzstraße 64 | 76227 Karlsruhe-Durlach
Telefon 0721 - 94 38 60