Weinkontor Null 41 in Landau
Besucht am Mo, 5. Mai 2014
Lokal zur Zeit leider geschlossen!
Für mich und meine Begleitung trat ein schon lange nicht mehr in dieser Form erlebter „Wow-Effekt“ beim Betreten des komplett sanierten Kasernengebäudes ein. Doch zunächst noch ein paar Anmerkungen zum Hintergrund dieses schicken neuen Restaurants im städtebaulich derzeit spannendsten Teil Landaus. Diverse Architekten schlossen sich zusammen, um das historische Gemäuer mit der Hausnummer 041 umzugestalten und zu modernisieren. Es wurde nichts unversucht gelassen, dieses alte Militärgebäude mit neuem Leben zu füllen. Allein die Inneneinrichtung mit den kunstvoll angefertigten Designerleuchten in Gold, Silber und Bronze, der offenen Raumkonzeption, den hohen Fenstern (mit Blick auf den Pfälzerwald), den geradlinigen, eleganten Holztischen, der schallgedämmten Decke mit ihren freiliegenden Holzbalken sowie den bequemen Schalenstühlen im Retro-Look macht deutlich, wie intensiv man hier am Konzept geplant und es schließlich auch konsequent zu Ende gedacht hat. Symbolhaft steht es für das neue Landau der nächsten Jahre und wird auch über die Landesgartenschau 2015 hinweg ein Anziehungspunkt für Freunde guter Weine (Vinothek ParTerre wurde nebenan eröffnet, Anm.), kulinarischer Gaumenfreuden und architektonischer Reize sein. Für mich ein Musterbeispiel für eine gelungene Konversion im Rahmen der Neugestaltung der bis 1999 von den französischen Streitkräften genutzten Areale im südlichen Teil der Stadt Landau.
Ähnlich wie das Gebäude selbst, blicken auch die beiden Betreiber des „neuen“ Weinkontors auf eine erfolgreiche Geschichte zurück, wenn auch eher in gastronomischer Hinsicht. Die Leiterin des Service, Corinne Berrevoets und Chefkoch Michael Mury haben bereits in Mörzheim bei Landau für kulinarische Furore gesorgt und sich dort im Weinkontor (noch ohne Nummer, Anm.) einen Namen gemacht. Auch damals hatte man ein klug durchdachtes Konzept: regional inspirierte Crossoverküche mit hohem Qualitätsanspruch in behaglicher Weinstubenästhetik.
Karte
Nun hat man sich von der Stube zur trendigen Bar weiterentwickelt, wobei der kulinarische Rahmen gleich geblieben ist: die „obligatorischen Drei“ aus alten Mörzheimer Zeiten: Rumpsteak, geschmorter Ochsenschwanz (beides mit Bratkartoffeln für 19 bzw. 16 €) und geeistes Nougat (5,50 €) werden durch diverse Saisonalgerichte, wie beispielsweise die geschmorte Lammhaxe auf Spargel-Kartoffelgemüse (17,50 €), ergänzt. Dazu komplettieren eine Handvoll wöchentlich wechselnder Vorspeisenschmankerl das kleine, aber sehr feine Speisenangebot.
Essen
Wir bestellten an diesem Abend eine Reihe von Vorspeisen und waren sowohl von der Art des Anrichtens, wie vom Geschmack gleichermaßen begeistert. Die Parmesanblinis mit Bresaola, Rucola (10 €) wurden mit einer fein würzigen Wasabicreme auf den Teller gebracht. Die kleine Spargel-Kokossuppe (3,50 €) kam in einer kleinen Tasse auf einem geschmackvollen Holzbrett daher. Sie hatte einen leichten Asia-Touch und schmeckte hervorragend.
Das Außergewöhnliche am Weinkontor war schon immer die erlesene Auswahl an Vorspeisen. Viele Gäste machen davon scheinbar regen Gebrauch, indem sie gleich mehrere kleine Köstlichkeiten ordern und auf eine Hauptspeise verzichten. So auch wir. Die Fischcookies auf Mangosalsa mit Minz-Schmand und Spinatsalat (9,50 €, siehe Bild) mundeten jedenfalls vorzüglich. Auch hier war wieder die Crossover-Attitüde Murys deutlich schmeckbar: feiner Kreuzkümmel in den Fischtalern und frische Minze im Dressing. Ein Hauch von Orient in der weinseligen Pfalz. Das hat was! Ich wählte die Pasta mit Bärlauch, Gambas und weißem Rückenspeck als Vorspeisenvariante (9,50 €) und ärgerte mich ein wenig, dass ich nur die Sparversion bestellt hatte. Frisch und würzig präsentierte sich dieses Nudelgericht. Alles war sehr harmonisch abgeschmeckt. Da lag die Pfalz für kurze Zeit recht nah am Mittelmeer. Die Geschmacksnerven waren nun offen für Neues und forderten eine weitere Vorspeise ein: den Salat vom Donnersberger Bauernhähnchen mit Mais und hausgemachter BBQ-Sauce (9,50 €). Ein Gericht, bei dem Erinnerungen hochkamen, denn so einen ähnlichen hatte ich das letzte Mal vor vielen Jahren in Mexiko gegessen. Dieser hier erwies sich als äußerst delikat und ließe sich an einem lauen Sommerabend sicherlich auch sehr gut auf der Außenterrasse genießen.
Weine & Co.
Dazu entweder ein kühles Pils oder ein knackig frischer Weißwein von der gut sortierten Weinkarte. Neun offene Weißweine, fünf offene Rote, noch ergänzt durch Wochenempfehlungen von der Tafel. Was will man da mehr? Kleinmann, Siegrist, Becker und Grimm – alles wohlklingende Namen für Pfalzweinfans. Den Spätburgunder Rosé vom Neu-VDP-Winzer Kranz aus Ilbesheim gab es auch als Achtel (2,80 €) und der hinterließ nicht nur im Gaumenbereich bleibenden Eindruck. Der 2013er Weißburgunder vom Weingut Kleinmann aus Birkweiler stand dem jedoch in nichts nach und begleitete die Speisen adäquat. Vorneweg einen köstlich frischen Hugo (0,25 l für 5,80 €) und einen Sekt mit Crème de Cassis (0,1 l für 5,50 €). Die recht umfangreiche Aperitifauswahl machte richtig Laune und setzte einen beschwingt lockeren Abend in Gang.
Fazit:
Das knapp dreistündige „Casual Wine Dining“ im Null41 verging wie im Flug, mit vielen genussvollen Momenten und einer langanhaltenden Wohlfühl-Atmosphäre in modern-ästhetischem Ambiente. Die jungen Bedienungen waren auf Zack und je dunkler es draußen wurde, desto mehr verschwommen die klaren, nüchternen Formen des Interieurs zu einer wohlig-lauschigen Weinbarkulisse, wie man sie eigentlich eher in trendigen Großstadt-Szene-Lokalen vermuten würde. Für Landau jedenfalls stellt es – gastronomisch wie architektonisch – eine enorme Bereicherung dar.
Weinkontor Null 41
Georg-Friedrich-Dentzel-Straße 11 | 76829 Landau