Pfälzer GenussFraktion in Hainfeld [umgezogen nach Frankweiler, Weingut Lidy]
Besucht am 28. April 2016
Die Pfälzer Genuss Fraktion, kurz PGF, ist keine Selbsthilfegruppe kulinarisch enttäuschter Hedonisten aus der Region, sondern ein Restaurant im beschaulichen Örtchen Hainfeld an der Weinstraße. Und das mit einer eher ungewöhnlichen Konzeption. Speisen und Getränke werden nämlich in dem von Kathrin Hoffmann und Dominic Theobald (Küche und Service) im Herbst 2015 eröffneten Lokal an der Theke bestellt. Auch die Tatsache, dass keine Tischreservierungen entgegengenommen werden, spricht für die eher ungewöhnliche Herangehensweise des Betreiberpaares, deren zeitgemäßes Weinrestaurant für authentische Gerichte und leckere Pfalzweine in schlicht rustikalem Landhausambiente steht.
Im Inneren des Sandsteingemäuers führt der Weg zunächst am Empfangs- und Bestelltresen vorbei. Wir ließen uns unweit der Theke auf bequem gepolsterten, rustikalen Eichenholzstühlen nieder. Die blanken Holztische sind spärlich eingedeckt. Alles scheint hier reduziert auf das Wesentliche. Das schnörkellose und ungezwungene Innere des Lokals spiegelt sich in freiliegenden Deckenbalken, einem hellen Holzdielenboden sowie modernen Wandleuchten wider. Letztere tauchen den durch rote Trennelemente unterteilten Gastraum in angenehm gelbes Licht.
Dominic Theobald markierte im Service einen Wirt der alten Schule. Mit lockerer, dialektgefärbter Zunge („Hänner Hunger unn Durscht mitgebroocht?“) und seiner auf die Gäste zugehenden Art, sammelte er nicht nur bei uns kräftig Sympathiepunkte. Dabei agierte er immer kompetent beratend in Sachen Speis und Trank. Man merkt sofort, dass da einer mit viel Erfahrung zu Werke geht. Kurzum: wir fühlten uns von ihm tadellos bedient. Aber „Fraktionsvorsitzender“ Theobald beschränkt sich nicht allein auf die Servicetätigkeit. Sein Können und seine Erfahrung als Koch wirft er bei der Vorbereitung der Gerichte gekonnt in die Waagschale, so dass seine Lebensgefährtin die Küche im Grunde unabhängig leiten kann.
Die Standard-Karte kommt als Faltblatt und wechselt saisonal. Dabei gibt es einige Basics, die quasi immer erhältlich sind. Vier Vorspeisen und sechs Hauptgerichte haben wir gezählt. Dazu noch eine kleine Auswahl an Flammkuchen und drei Desserts. Ein bewusst klein gehaltener Rahmen, der dem Zwei-Personen-Konzept auch organisatorisch in die Hände spielt. Je nach Marktlage und Kochlaune wird dann so mancher Klassiker auch gern mal auf die Schiefertafel mit den Tages- bzw. Wochenempfehlungen gesetzt.
An diesem Abend befanden sich unter anderem ein Pfälzer Saumagen „wie früher“ (gesotten, nicht gebraten!) mit Sauerkraut und Kartoffelstampf (8 Euro, siehe 2. Bild oben rechts) und eine verlockend klingende Bouillabaisse mit Sauce Rouille (16 Euro, siehe 1. Bild oben rechts) auf der Tageskarte. Nicht zu übersehen ist der französische Einschlag, den viele Gerichte haben. So huldigen beispielsweise Kutteln „provencal“ in würziger Tomatensauce (11,50 Euro) oder die rosa gebratenen Kalbsnierchen in Dijon-Senfsauce (16 Euro) kulinarisch unserem Nachbarland. Dass es auch deftig pfälzisch zugeht, beweist das „Ilbesheimer Kunschdhäwelfläsch“ (gewürzter Schweinenacken auf Rieslingzwiebeln; 13,50 Euro, siehe 3. Bild oben rechts) mit lauwarmem Kartoffelsalat. Den „Old-School-Saumagen“ wollten wir als kleinere Vorspeisenportion haben. Ganz anders als im gebratenen Zustand ist bei der gesottenen Version die Konsistenz eher mürbe. Zusammen mit der lecker abgeschmeckten, typisch braunen Soße, etwas Sauerkraut mit Speck und einer rustikalen Scheibe Bauernbrot war das ein deftiger Appetitanreger ganz in unserem Sinne – und dazu noch ohne Pökelsalz und andere Geschmackszusätze zubereitet. Dazu ein Viertel Silvaner vom Hausweingut Hundemer (4 Euro). Ein unprätentiöser Trinkwein, der auch im Sommer auf der Terrasse funktioniert. Bei den Hauptgängen entschieden wir uns für das saftige „Kunschdhäwelfläsch“ und die französische Fischsuppe, die ganz stilecht mit Sauce Rouille, gerösteten Brotchips und Käse serviert wurde. Durch das Pürieren hatte sie die typische Trübe einer „vraie Bouillabaisse“, wie sie im Süden Frankreichs auch genannt wird. Darin schwammen saftige Fischstücke, zwei ansehnliche, perfekt gebratene Jakobsmuscheln, etliche Garnelenschwänze sowie eine gute Handvoll Bouchot-Muscheln. Die Suppe schmeckte fantastisch. Etwas Vergleichbares sucht man in unserer Region sicherlich vergeblich. Wenn draußen auf der Weinstraße plötzlich Fischerboote vorbeigefahren wären, wir hätten uns nicht gewundert.
Wir verließen das Fraktionsgebäude nicht ohne vom hausgemachten Eis gekostet zu haben. Das gab es in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen: grüner Apfel und Himbeercrème (jeweils 2,50 Euro) und wurde uns in zwei Weckgläsern serviert. Das waren schon zwei ordentliche Portionen, die vom Pacojet den Weg ins kleine Einmachglas fanden. Besonders die „Granny-Smith-Version“ hatte es uns angetan. Ihr süß-saures Apfelaroma war einfach umwerfend.
[Die Pfälzer Genussfraktion ist nach Frankweiler umgezogen, befindet sich bei Weingut Lidy]
©pfalz-magazin
Fazit:
Nach diesem Erstbesuch haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass zu authentischen Speisen auch ein authentischer Typ im Service passt. Dominic Theobald steht für beides. Seine französisch inspirierte Regionalküche verdient auf jeden Fall Aufmerksamkeit – zumal das Preis-Leistungs-Verhältnis schlichtweg sensationell ist.
Pfälzer Genussfraktion
Weinstraße 68 | 76835 Hainfeld