Das Scheibenhardt in KA-Bulach
Besucht am 30. September 2016
Was der Berliner Steakesser im „Grill Royal“ vorfindet und der Frankfurter Fleischfanatiker im „M-Steakhouse“ schon seit Jahren genießen darf, hat nun mit dem Restaurant „Das Scheibenhardt“ auch für die Karlsruher Carnivorenfraktion fleischliche Gestalt angenommen. Seit Anfang April 2015 wird hier inmitten des idyllischen Grüns des Golfclubs Hofgut Scheibenhardt e.V. im denkmalgeschützten Gebäude des ehemaligen Jagdschlosses feinstes Prime-Beef aufgetischt.
Leonhard Bader heißt der neue Pächter, der nun in der Post - Erbprinz-Ära den Kochlöffel schwingt. Der erst 34 Jahre alte Gastgeber ist in der Region kein Unbekannter, hat er doch vorher die „Villa Hammerschmiede“ in Pfinztal geleitet und dort einen Michelin-Stern erkocht. Doch bevor der gebürtige Münchner im Südwesten sesshaft wurde, ist er in der deutschen Gastrolandschaft viel herumgekommen und konnte in renommierten Häusern, wie beispielsweise im Hotel Adlon Kempinski in Berlin, seinen Erfahrungsschatz erweitern. Da er seit über einem Jahr die Karlsruher Gastroszene aufmischt und selbst Genussmenschen von der linken Rheinseite anzieht, war es uns vom Pfalz-Magazin ein besonderes Anliegen, „Das Scheibenhardt“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
„Enjoy only good food!“ so lautet das Credo des Küchenchefs. Und wie er das mit seinem Team umsetzt, hat richtig Klasse. Für ihn gehört das Wohlfühlen genauso zum Genuss dazu, wie seine edlen Fleischteile vom Rind in dem mächtigen Reifeschrank. Seine kreativ ausgerichtete, klassisch angehauchte Küche weiß mit einer hohen Produktqualität zu überzeugen. Daher kommen für Leonhard Bader nur die frischesten und besten Zutaten in Frage. Eine Tatsache, von der wir uns am Besuchsabend auf eindrucksvolle Weise überzeugen konnten.
Schon die Fahrt „ins Grüne“ zum denkmalgeschützten Anwesen lässt Vorfreude aufkommen. Von außen strahlt das Areal vom Hofgut Scheibenhardt eine derart subtile Exklusivität aus, dass man sich schon auf einem Landgut in Südengland wähnt. Der Weg zum großangelegten Parkplatz ist gut beschildert. Das Restaurant befindet sich im Westteil des Gebäudes. Hat man das efeuberankte Eingangstor passiert, läuft man noch ein paar Schritte über den stilvoll begrünten Vorplatz, ehe die Glastür zum Restaurant erreicht ist.
Und drinnen empfängt einen schlichte Eleganz, die von warmen Naturtönen und natürlichen Materialien geprägt wird. Zu allererst fallen einem die an den Wänden hängenden Siebdrucke des mit Gastgeber Bader befreundeten deutschen Pop-Art-Künstlers Devin Miles auf. Seine farbintensiven Werke verleihen dem Gastraum eine ganz besondere Ästhetik. Ein handwerklich perfekt inszenierter Kontrapunkt zu den ansonsten eher zurückhaltenden, klaren Konturen des Interieurs.
Daneben sorgen raumteilende Elemente, wie etwa die zur Statik beitragenden massiven Stützsäulen, für mehr Atmosphäre. Die sich im Zentrum des Raumes befindende, aus hellem Holz geschaffeneSitzgruppeninsel, die kleine Sitznischen mit gut gepolsterten Wandbänken beherbergt und der die gesammelte Aufmerksamkeit des darüber thronenden, voluminösen Lampenschirmensembles zu Teil wird, schafft ein geschmackvoll arrangiertes, klug durchdachtes Raumbild. Auf den Abstellflächen zwischen den Sitznischen tummelt sich viel „Geistreiches". Flüssige Barrieren in Flaschenform stehen als stolze „Big Bottles" neben ihren dekorativen Holzkisten. Sie sollen wohl schon einen kleinen Vorgeschmack auf die exquisite Weinauswahl geben.
In die Decke eingelassene Strahler und indirekte, nicht sichtbare Wandfluter setzen die akkurat angeordneten Zweiertische ins rechte Licht. Aufgrund der schallgedämmten Decke herrscht in dem lang gezogenen Gastraum eine äußerst wohlige Akustik. Und die herrlich bequemen Schalensessel, die sogar in unterschiedlichen Farben vorhanden sind, sorgen für entspanntes Ankommen. Von Eintönigkeit nicht die geringste Spur. Der aus rustikalen Eichendielen bestehende Untergrund sorgt für die nötige Bodenhaftung, die sich auch auf den schlicht mit Tischsets, Stoffservietten, Einfachbesteck und Wassergläsern eingedeckten Tischen in heller Holzoptik wiederfindet. Dieser gelungene Mix aus zeitgemäßen und ursprünglichen Elementen wurde von der Innenarchitektin Viola Müller, der Lebensgefährtin von Leonhard Bader, nicht nur intensiv geplant, sondern in der Umsetzung auch konsequent zu Ende gedacht.
Von der herzlich kompetenten Bedienung mit leichtem französischem Akzent fühlten wir uns an diesem Abend hervorragend umsorgt. Sie beriet uns bei der Entscheidungsfindung sehr charmant, ohne uns etwas aufdrängen zu wollen. Am meisten überraschte uns, wie flexibel sie sich auf die unterschiedlichen Gästewünsche einlassen konnte. Und wie sie aus der Riesenflasche die originale Etter Fruchtbaum-Obstbrand-Cuvée am Tisch einschenkte, das war nicht nur für uns ein kleines Erlebnis (siehe Bild oben)
Aufgetischt wird im „Scheibenhardt“ was die Fusion-Bistroküche so hergibt, wobei der Fokus ganz klar auf der Zubereitung von qualitativ erstklassigem Fleisch liegt. Eine Vesperkarte mit kleineren Gerichten befriedigt die täglich hier einkehrende, hungrige Golferklientel mit Badischem Wurstsalat (8,90 Euro), Steirischem Rindfleisch (9,50 Euro) und hausgemachtem Fleischkäse (9,90 Euro) frisch aus dem Rohr. Und dass Leonhard Bader selbst gerne wurstet, spiegelt sich in der „kleinen“ Genießerkarte wider. Auf der großen Genießerkarte finden sich dann Klassiker aus der Weltküche: Sashimi vom wildgefangenen Yellowfin-Thunfisch (14 bzw. 19 Euro, je nach Größe), handgeschnittenes Tartar de Boeuf (17,50 Euro), in Butter gebratene Froschschenkel (21 Euro), asiatisch gewürzter Pulpo (12,50 Euro) und Wiener Schnitzel (natürlich vom Kalb! 22,50 Euro) bedienen so ziemlich jeden Geschmack.
Die dritte Speisenkarte ist an eine ganz besondere Gästeklientel gerichtet, nämlich an die Premium-Fleischfraktion. Carnivoren mit Charakter und Filet-Fanatiker kommen hier mit Prime-Beef aus den USA, Deutschland und Uruguay auf ihre Kosten. Diverse Zuschnitte erhalten ihren perfekten Reifegrad durch die traditionelle Trockenreifung („Dry-Aging“) im eigens dafür vorgesehenen Reifeschrank, der sich am Ende des Gastraumes gegenüber vom Bar-Bereich befindet. Dass Fleisch nicht gleich Fleisch ist, stellt man hier schon beim ersten Bissen fest. Und natürlich beim Blick auf den Preis. Denn für Premium-Fleisch bezahlt man eben auch Premium-Preise. Das fängt beim Rumpsteak vom Schwarzwälder Rind für 27 Euro (300 g) an und endet bei dem trockengereiften, ca. 1100 g schweren Stück von der „Alten Kuh“, einem 18 Jahre alten Weidetier aus Spanien, bei dem für 112 Euro locker zwei Leute satt werden.
Zur Einstimmung wählten wir vom reichhaltigen Aperitifangebot einen Martini (4,30 Euro) und einen Crodino mit Prosecco (6,50 Euro). Schon hier ließ uns die große Gin-Auswahl aufhorchen. Vom Crodino-Secco-Gemisch hatte ich mindestens 0,3l im Glas. Ein fruchtig-spritziger Durstlöscher, der den spätsommerlichen Temperaturen geschuldet war. Dazu kam eine Flasche Peterstaler medium (0,75 l), die mit 5,60 Euro berechnet wurde.
Ein Blick in die Weinkarte verriet die wahren Schätze des Hauses. Neben einer wirklich beeindruckenden Champagner-Auswahl (u.a. Dom Pérignon, Krug, Bollinger) wartet man hier mit einigen extrem limitierten Rotweinraritäten auf. Von Leonhard Baders Pfälzer Lieblingsweingut Friedrich Becker aus Schweigen stehen hier etliche „Große Gewächse“ in beeindruckender Jahrgangsvielfalt zur Verfügung. Daneben gibt es flaschenweise namhafte Kreszenzen aus Frankreich, Spanien und Italien zu entdecken. Dass die Zusammenstellung der Weinkarte mit großem Sachverstand und vinophilem Gespür erfolgte, wird beim Durchblättern schnell klar. Da wunderte es uns auch nicht, dass der Chef an unserem Besuchsabend nicht selbst im Hause weilte, sondern auf der Suche nach neuen Tropfen einer Champagnerdegustation beiwohnte.
Wir hatten mächtig Appetit, weshalb wir uns für zwei Gerichte vorweg entschieden. Der „Asia Basket Deluxe“ (9,90 Euro, Bild links unten) war ein mit Wantan, Frühlingsrollen und Co. gefüllter Bambusdämpfer. Die asiatischen Preziosen wurden mit süßer Chili- und Pflaumensauce zum Dippen serviert und schmeckten einfach köstlich. Gleiches galt für die getrüffelte Kartoffelsuppe (9,50 Euro, siehe Bild auf Seite 75), die als ordentliche Portion den ersten Hunger vertrieb.
Um uns die Zeit bis zum Hauptgang zu verkürzen, grüßte die Küche mit einer kräftig eleganten Rehessenz, die wir in einer Teetasse serviert bekamen (Siehe Bild unten Mitte). Mit so einer Kraftbrühe ließe sich auch der kälteste Wintertag souverän überstehen. Dann die beiden Hauptgänge, die landläufig unter dem Begriff „Surf and Turf“ firmieren. Die Kombination aus bestem US-Dry-Aged Prime-Beef (einmal als Rib-Eye und einmal als Filet) und einem ganzen Jumbo-Langustenschwanz aus dem mittleren Atlantik war so gar nicht in der Karte zu finden, weshalb wir sie uns bei der Bestellung schlichtweg selbst „zusammen bastelten“.
Da beide Teile unseres „Surf and Turf“ eigenständige Gerichte waren, hatten wir ganz schön Material auf unseren Tellern. Neben einem Caesar-Salad als Beilage wurde uns noch Blattspinat mit geröstetem Knoblauch und eine perfekt austarierte Sauce Béarnaise gereicht. Das Filet vom Prime-Beef (siehe großes Bild oben, nächste Seite)hatte gute 300 g, wurde exakt auf den Punkt medium gebraten und hatte eine aromatische Pfefferwürze on top. Daneben lag der in seinem Inneren noch leicht glasige Langustenschwanz perfekt gegrillt in seiner Schale. Beide Teile des „Surf and Turf“ waren von ihrem Aroma, sowie von ihrer Textur und Zubereitung her handwerklich von einer staunenswerten Präzision und bescherten uns ein zutiefst befriedigendes Geschmackserlebnis. Das Messer glitt beim US-Prime-Beef wie durch Butter und jeder Bissen wurde am Tisch lustvoll zelebriert. Beide Hauptgänge waren äußerst subtil gewürzt und wurden mit einem unverstellten Fokus auf die darauf befindlichen Protagonisten präsentiert.
Dass wir als Weinbegleitung einen noch etwas jungen Spanier aus der vielbeachteten Mencia-Traube genossen, hatte seinen Grund. Wir wollten uns das puristische Geschmacksbild unseres Essens nicht durch allzu viel Holz und Gerbstoff „verfremden“ lassen. Die Flasche des leicht trinkbaren Mengoba Brezo aus der Region Bierzo kam auf faire 24 Euro, während die beiden „doppelten“ Hauptgänge mit jeweils 98 bzw. 105 Euro zu Buche schlugen. Aber sie waren jeden Cent wert. Mögen andere für das gleiche Geld lieber ein ganzes Menü essen, wir würden jederzeit das Bader‘sche Qualitätsbeef in Kombination mit perfekt gegrilltem Meeresgetier vorziehen.
Fazit:
Dass besonderes Fleisch seinen Preis hat, war uns von vornherein klar. Wie viel besser jedoch dieses Prime-Beef im Vergleich zu herkömmlichem schmeckt, wussten wir erst, als wir es gegessen hatten. Dass dann noch ein paar Kugeln Mövenpick-Eis (siehe Bild) in unseren Mägen Platz fanden, glich einem Wunder. Aber Wunder gibt es ja – Gott sei Dank – immer wieder. Ein kleines kulinarisches haben wir an diesem Abend im „Scheibenhardt“ erleben dürfen. Und dafür waren wir sehr dankbar.
Das Scheibenhardt
Scheibenhardt 1 | 76135 Karlsruhe-Bulach
Telefon 0721 - 95 29 64-20