Culinarium in Bad Bergzabern
Besucht am 16. Nov. und 29. Dez. 2015
Das als „Haus des Gastes“ bezeichnete Kulturzentrum in der Kurstadt Bad Bergzabern beherbergt neben einem großen Konzertsaal und einer Reihe von Konferenz- und Tagungsräumen auch ein Restaurant. Dieses wurde Anfang 2010 vollständig renoviert und im April desselben Jahres wiedereröffnet. Seitdem schwingt hier der junge, ambitionierte Koch Nico Krüger den Kochlöffel, während seine Frau Felicitas den Service leitet.
Chefkoch Nico Krüger hat ohne Frage etwas auf dem Kasten. Er gehört beispielsweise den „kulinarischen Komplizen“ an, die dafür sorgen, dass „die Junge Südpfalz auch weiterhin gut isst“. Und seine Speisekarte verspricht eine wohldurchdachte Deutschlandreise der kulinarischen Art. Dabei spart er nicht an Regionalbezug und Zitaten aus der Küche der benachbarten „Grande Nation“. Warum auch? Die Grenze liegt schließlich keine 15 Minuten vom Kurort entfernt.
Maronenschaumsüppchen mit hausgemachten Comtéravioli (6,50 Euro), knusprige Kalbskopfpraline (12 Euro) und Carpaccio vom Rinderfilet (12 Euro) markieren die Fixpunkte bei den Vorspeisen. Allein acht verschiedene Fleischgerichte bei den Hauptgerichten machen den Schwerpunkt von Krügers Küche deutlich. Zur Freude der Fleischfraktion, die sich zwischen Rinderfilet, Hirschrückenmedaillons, Gänsekeule und Cordon Bleu vom Kalb entscheiden darf. Vegetarier und Fischliebhaber wählen zwischen Maronenrisotto und Zanderfilet. Und für ausgewiesene „Mehrgang-Esser“ gibt es das saisonal geprägte dreigängige Monats-Menü mit einer Wahlmöglichkeit beim Hauptgang für faire 29 Euro.
Man begrüßt seine Gäste im Culinarium gerne mit einem kleinen Schaumsüppchen aus der Küche. Das scharf gewürzte Linsensüppchen mit orientalischem Aroma oder die fruchtige Karotten-Ingwer-Variante machten jedenfalls Lust auf mehr. Auf meine Vorspeise freute ich mich ganz besonders: gebratene Jakobsmuschel mit Riesengarnele (14 Euro, siehe Bild oben). Aromatisch gut eingebettet lagen jeweils zwei perfekt gebratene Exemplare jeder Gattung auf meinem Teller. Die lauwarmen Mie-Nudeln hatte man im Vorfeld scheinbar in einer Sauce auf Soja-Basis geschwenkt, während die säuerlichen Wakame-Algen das Geschmacksbild harmonisch ergänzten. Der „culinarische“ Wintersalat (11 Euro) kam mit einer ordentlichen Portion Räucherlachs daher und war mit einer leckeren Vinaigrette angemacht. Kein Vergleich zu meinem vor einigen Wochen hier bestellten Feldsalat mit Granatapfelkernen und Parmesan (9 Euro). Dieser schwamm in einem viel zu süß abgeschmeckten Himbeeressigdressing. So mag ich „Wingertsalat“ überhaupt nicht. Rapunzel mag Essig und der darf ruhig auch ein wenig sauer sein. Da halfen selbst die würzigen Parmesankrümel nicht drüber hinweg.
Auch bei den Hauptspeisen lagen Licht und Schatten nur zwei Besuche voneinander entfernt. Die hausgemachten Semmelknödel (11 Euro, siehe Bild mitte) waren von einer cremigen Waldpilzrahmsauce, der es doch arg an geschmacklicher Tiefe fehlte, umgeben. Meine frischen Fusilloni mit Kräutersaitlingen und Spinat (13 Euro) hatten zwar den richtigen Biss, wurden jedoch mit einer derart charakterlosen hellen Sauce versehen, dass ich mich ernsthaft fragte, ob hier der Weißwein nur in homöopathischen Dosen an die Küche weitergegeben wird.
Besser hat es uns dann beim zweiten Besuch geschmeckt. Das mit Emmentaler und Winzerschinken gefüllte Kalbs-Cordon-Bleu (17 Euro) war auf den Punkt gebraten. Die Fritten wurden separat in einer Tüte gereicht. Weil das Gericht insgesamt etwas trocken ausfiel, orderte ich etwas Jus zum Dippen nach. Aber auch diese war mir zu flach. Zuwenig Fleischgeschmack, dafür zu dominante Kardamom- und Zimtnoten. Das 6 Wochen gereifte Pfälzer Rumpsteak (mind. 220 g für 22 Euro, siehe Bild unten) war dagegen exakt medium gebraten und kam mit einer ansehnlichen Portion Pfälzer Bratkartoffeln als Beilage und mit einem Klecks Kräuterbutter obendrauf an den Tisch. Beim Fleisch setzt Chefkoch Krüger mit der ortsansässigen Metzgerei Albert Kieffer auf regionale Qualität, was sich natürlich auch im Preis bemerkbar macht.
Die Weinkarte des Culinariums ist gut sortiert (man hat schließlich eine Vinothek im Haus) und offeriert viele gute Tropfen auch glasweise. Bei den Flaschenweinen kalkuliert man fair – Flaschenpreis ab Weingut + 10 Euro Korkgeldaufschlag – während man bei den Vierteln preislich etwas kräftiger hinlangt. Aber die Weine von der „Schweigener-Elite“ Friedrich Becker, Gert Bernhart und Johannes Jülg haben eben nicht nur eine hervorragende Qualität, sondern auch ihren Preis.
Noch ein paar Worte zur modernen Einrichtung des Culinariums. Sie ist geprägt von viel indirektem Licht, das die Weinflaschen als Protagonisten in den Vordergrund stellt. Die futuristisch anmutenden, dimmbaren Röhrenleuchten an der Decke sind Geschmackssache. Man sitzt bequem auf gut gepolsterten, mit Lederimitat überzogenen Stühlen. Eingezogene Trennwände wirken raumteilend und schaffen immer wieder gemütliche Nischen. Dadurch lassen sie den großen Gastraum behaglicher wirken.
Die Offenheit der Gaststube ermöglicht dem Service einen guten Überblick. Er agierte an beiden Abenden aufmerksam und war sofort zur Stelle, ohne aufdringlich zu wirken.
Fazit:
Entscheidend ist letztlich, was auf dem Teller landet. Und das war bei unseren beiden Testessen zwar durchweg von hoher Produktqualität, aber leider nur durchschnittlich im Geschmack. Aha-Erlebnisse am Gaumen blieben leider aus. Dafür hätten die dargebotenen Gerichte etwas delikater ausfallen müssen. Dennoch merkt man dem Team von Nico Krüger die Bemühungen um eine handwerklich gut gekochte Regionalküche an. Ein beherzteres Abschmecken würde für noch mehr Aromentiefe sorgen und die einzelnen Komponenten auf dem Teller zu einem stimmigeren Gesamtbild zusammenfügen. Und ganz nebenbei: es täte sicherlich auch dem Preis-Leistungs-Verhältnis gut.
Culinarium
Rötzweg 9 | 76887 Bad Bergzabern