Oberschlossschänke in Kirrweiler
Besucht am 24. Januar 2012
Zu Gast bei Freunden wurden wir durch Erzählen neugierig auf eine  Pfälzer Weinstube, die wir bis dahin nicht einmal namentlich kannten,  nämlich die Oberschlosssschänke in Kirrweiler. Gerade hatten unsere  Gastgeber dort eine originelle Veranstaltung erlebt, schwärmten von  kulinarischen Genüssen wie „Fischterrine Trikolore auf Salat La France“ –  und das auch noch musikalisch begleitet von der Marseillaise.  „Rinderbraten Blücher Art“...? Noch nie gehört – doch offenbar hat auch  dieser mit Historie und Histörchen gewürzte Braten geschmeckt. Unsere  Freunde hatten dort als „Franzosen“ teilgenommen an einer Veranstaltung  der Gemeinde, am „Gefecht von Kirrweiler – mit Messer und Gabel“, hatten  am „Gefechts-Buffet“ mit den „Preußen“ gottlob nur  friedlich die  Klingen gekreuzt. Schließlich durften wir auch noch „Blüchers  Siegestrunk“ verkosten: Die trockene Grauburgunder Spätlese aus dem  Weingut Matt-Schwaab in Kirrweiler überzeugte durchaus. 
Die  Oberschlossschänke in Kirrweilers Hauptstrasse 62 ist ein typisches  Winzerhaus mit einladendem Wirtshausschild. Haus und Hof machen einen  gepflegten Eindruck. Durch ein gläsernes Entrée betritt man das  ehemalige Kelterhaus. Der Fußboden Terrazzo, Deko und Ausstattung nicht  zu viel und nicht zu wenig. Hier hat jemand ein stilsicheres Händchen.  Dass an den hauseigenen Tröpfchen niemand vorbei kommt, dafür sorgt eine  nicht zufällig ins Blickfeld gerückte und ansprechend bestückte  Glasvitrine. Nach rechts der Blick in eine saubere Küche, die scheinbar  nichts zu verbergen hat. Über eine Treppe aus rotem Pfälzer Sandstein  geht es nach oben. Zunächst in den Ausschankbereich mit Stammtisch. Wir  werden freundlich begrüßt von einer jungen Dame. Sie weist auch uns den  Weg weiter. Über eine kleine Ballustrade erreicht man die eigentliche  Weinstube. Hier wurden Tenne und Heuspeicher ausgebaut zu  Ausschankbereich bzw. Gastraum. Die offene Raumhöhe bis unter den  Dachfirst macht die Weinstube angenehm großzügig. Alte Balken und  Streben unterteilen sie in die Breite und Tiefe. Auf der Hofseite  Dachgauben, auf der Gartenseite eine lichte Glasfront zur Terrasse, das  Interieur gediegen und dezent rustikal, die Dekoration passend und gut  gelungen – bis jetzt also alles stimmig. Meine Begleitung und ich wählen  den sinnig benannten Aperitif „Spritziger Blücher“, bestehend aus einem  hauseigenen Secco mit Schuss eines gewissen Etwas. Die junge Dame von  vorhin – wie wir noch erfahren sollten, eine der beiden Töchter des  Hauses – bringt uns die Wein- und Speisekarte und macht aufmerksam auf  saisonale Spargelgerichte. Das Angebot erreicht unter anderem sowohl  Senioren, Kinder und nicht zuletzt sogar Vegetarier. 
Ein „Nudeltopf“ (6,80) und „In Riesling eingelegte Steaks mit  Beilagen“ (9,50) sind hauseigene Spezialitäten. Die Portion Saumagen  kostet 6,90 Euro und ein Süppchen mit Einlage gerade mal drei Euro. Das  Haus zeigt sich familienfreundlich mit Kinderstühlchen und Malecke für  die Keinen. Die hauseigenen Weine beginnen ab Euro 2,20 das Viertel, von  trocken bis lieblich, von QbA bis Auslese, bis hin zu Spezialitäten mit  Fantasienamen wie „Elegance“ oder „Rosecco“. Uns interessiert die  Bedeutung einer „Weißwein-Cuvée 4466“ (zu 2,40). Ein Pluspunkt, dass der  Winzer und Wirt uns ein „Probiermäulchen“ persönlich kredenzt. Der Wein  schmeckt frisch und tadellos. Und wir erfahren: Hier gedachte  Winzermeister Thomas Schwaab der Erfolgsstory einer Kölner Hausnummer  (4711), reihte demgemäß die Geburtsdaten seiner Frau auf, und widmete  ihr eine Cuvée ihrer Lieblingsrebsorten. Diese originelle Idee ist uns  womöglich sogar einen Sonderpunkt wert. 
Die Weinstube betrachte  man mehr als Hobby, das die Töchter teilen. Beiden, 22 und 19 Jahre  jung, sind „Carolines Novelle“ und „Meikes Perle“ gewidmet. Die  Ex-Weinhoheit und die Weinküferin helfen mit und sind verantwortlich für  den Service. Ein freundliches Lächeln, ein obligatorisches „Haben Sie  gewählt?“ und ich entscheide mich für den „Stangelspargel mit Schnitzel  Wiener Art“. Meine Begleitung wählt das „Riesling-Steak mit  Bratkartoffel und Salat“. Am Nebentisch wird gerade aufgetragen und wir  staunen nicht schlecht: Der Spargel wurde auf dem Schnitzel plaziert und  das Ganze mit einer Hollandaise übergossen...!? Nein, so will ich mein  Essen keinesfalls. Diskret darauf aufmerksam gemacht, holt die Tochter  ebenso diskret ihre Mutter an den Tisch. Stefanie Matt-Schwaab managt  übrigens die Küche zusammen mit einer Köchin und einer Küchenhilfe.  Sie erklärte mir, dass sie den Spargel bewusst nicht anrichte wie sonst  üblich, selbstverständlich werde aber mein Wunsch respektiert. Ich  durfte sogar wählen zwischen Schnitzel aus der Fritteuse oder in der  Pfanne gebraten. Pfanne ist mir natürlich lieber und ich beeilte mich,  den Wunsch hinzuzufügen, dass ich die Hollandaise vorsichtshalber  separat in einer Sauciere angerichtet wünsche. Der Beilagensalat wurde  erwartungsgemäß vorab serviert; diverse Salate der Saison und alle  frisch. Der Chinakohl mit der Currynote schmeckte vorzüglich. Auch die  Bratkartoffeln waren lecker und die in Wein eingelegten Rieslingsteaks  mundeten und waren schön zart. Auch mein Spargelgericht entsprach der  Erwartung, würde sogar dem Anspruch an ein Restaurant gerecht. Für eine  Weinstube mit bodenständig-bürgerlicher Küche zusätzlich erwähnenswert:  Die gleichmäßigen Spargelstangen waren wirklich en point und mit  Hollandaise napiert, das „Schnitzel Wiener Art“ schmackhaft und saftig,  die Butterkartöffelchen mit Petersilie – und auch an der wunschgemäß  separat gereichten Hollandaise war gar nichts auszusetzen. Für 13,90  Euro eine eigentlich überraschende Preisleistung. Am Nebentisch wurde  gezahlt und wir hören, wie die Gäste die gewagte Kombination mit dem  Hollandaise - übergossenen Schnitzel loben. „Alla hopp“, sagt der  Pfälzer... Wir bestellten zweimal Espresso, schauten nochmal in die  Weinkarte und fragten, ob es auch Achtel gebe. Aus den drei  Dornfelder-Varianten trocken, mild und lieblich entschieden wir uns für  den Mittelweg und waren recht zufrieden. Auf Anfrage richtete uns der  Wirt vor der Heimfahrt einen Sechserkarton „Blüchers Siegestrunk“. Die  trockene Grauburgunder Spätlese – mit sehr schönem Designeretikett –  bekommen wir zum Einführungspreis für 4,40 Euro die Flasche. 
Fazit:  Ein Besuch in der Weinstube Oberschlossschenke in Kirrweiler lohnt; für  uns war es alles in allem ein Genuss ohne Reue. Küche und Weine  stimmen, das Personal ist sehr freundlich und aufmerksam. In familiärer  Atmosphäre scheint man stets um das Wohl seiner Gäste bedacht zu sein.  Zu Zeiten, wo viele Winzer sich bekanntlich als Gastronomen betätigen  und nicht wenige für ihren Wein fast Restaurantpreise ansetzen, bleibt  die Oberschlossschänke dagegen erfreulicherweise eher „auf dem Boden“.  
Oberschlossschänke
Hauptstraße 62 | 67489 Kirrweiler



            
            
        
            
            
        
            
            
        
            
            
        