AvantGarthe in Speyer
Besucht am 22. Januar 2015 (Abendessen)
Der in der Domstadt Speyer die kulinarisch ausgetretenen Pfade zur  Genüge kennt und sich gerne auf neue Geschmackserlebnisse einlässt, der  ist im schick-urbanen Restaurant von Gastgeber Phil Garthe genau an der  richtigen Adresse. Im altehrwürdigen Wittelsbacher Hof, in dem vor rund  90 Jahren der Separatistenführer und Präsident der damaligen Autonomen  Pfalz einem Mordanschlag zum Opfer fiel, geht es heute wesentlich  friedfertiger und entspannter zu. Seit März 2013 lebt der studierte  Hotelfachmann und Ex-„Paparazzi-Betreiber“ Garthe hier seine Vorstellung  von einem zeitgemäßen Weinerlebnisrestaurant mit kreativer Ausrichtung  und einem in Sachen Wein tatsächlich „avantgarthistischen“ Konzept.
Das  denkmalgeschützte Gebäude strahlt schon von außen diese subtile  Exklusivität aus, die sich im geschmackvoll eingerichteten Gastraum in  vielen kleinen Details widerspiegelt. Hat man den aus edlem Holz  gestalteten Barbereich passiert, empfängt einen schlichte Eleganz im  ästhetisch eingedeckten Inneren. Das neoexpressionistische  Ölgemälde an der Stirnseite setzt einen farb- und formintensiven  Kontrapunkt zu den ansonsten eher klassisch gehaltenen, klaren Konturen.  Raumteilend wirkt ein langgezogener Weinschrank in dunkler Holzoptik,  dessen große Abstellfläche von etlichen Flaschen feinstem Pfalzwein zu  erzählen weiß. Bei den sogenannten Winzer- oder Wine-Battles, die der  Wein-Enthusiast Garthe regelmäßig in seinen Eventkalender haut, mutiert  dieses zentrale Raumelement zu einer Art Schatztruhe für vinophile  Entdecker. Das von der Decke hängende, einem Stalaktiten ähnelnde  „Beleuchtungsorgan“ sorgt für angenehm warme Lichtverhältnisse, die von  dezenten Wandleuchten und etwas Kerzenschein zusätzliche Unterstützung  erhalten.
Aufgetischt wird im AvantGarthe was die Fusion-Küche so  hergibt. Man „crossovert“ sich bei der Monatskarte durch ein gutes  halbes Dutzend Vor- und Nachspeisen sowie eine kleine Dessertauswahl.  Zusätzliche Angebote werden vom kompetent auftretenden Mann im Service,  Mitch Halili, charmant am Tisch offeriert. Besonderes Augenmerk verdient  das angebotene Dry-Aged-Beef vom amerikanischen Black-Angus-Rind. Mit  den trocken gereiften, marmorierten Steaks aus dem Reifeschrank hat sich  das Lokal mittlerweile einen Namen gemacht. Für 9,50 Euro pro 100 g  bekommt man hier ein saftiges Rib-Eye, bei dem man sich die Beilagen und  Saucen im Baukastensystem zusammenstellt. Da dies an jenem Abend leider  nicht verfügbar war, bestellten wir vorweg das Rindercarpaccio (11  Euro) sowie die Edelfischsuppe (9,80 Euro) von der  übersichtlich angelegten Speisenkarte, um danach den hausgemachten  Burger (14,50 Euro) und die sous-vide-Verfahren gegarte Kalbshüfte (19  Euro) folgen zu lassen (siehe Bilder). 
Beide  Vorspeisen zeugten von erstklassiger Produktfrische sowie einem feinen  Gespür für Aromen und deren Kombination. Der Schuss Pernod in der  Fischsuppe hätte auch am Vieux Port von Marseille seine Verkoster  begeistert. Sehr delikat in der Zubereitung war auch die französische  Kalbshüfte. Dank der erwähnten Dampfgarmethode im Vakuumbeutel zerging  das Fleisch nur so auf der Zunge. Beim Kartoffel-Lauch-Püree wurde nicht  an Butter gespart und das Gemüse hatte genau den richtigen Biss. Die  Jus im Avantgarthe gleicht sowieso einem „Einkoch-Wunder“. Der Burger  wurde mit selbstgemachten Fritten serviert. Ohne Übertreibung waren das  sicherlich die Besten, die ich seit vielen Jahren gegessen habe. Das  besondere an diesem „Luxus-Whopper“: hier wurden Dry-aged Beef-Teile und  Rinderfiletstücke durch den Wolf gedreht. Außerdem war er mega en point  gebraten. 
Zu den beiden Entrées empfahl uns Mitch Halili zwei  leckere Tropfen. Einmal die Weißburgunder/Chardonnay-Cuvée im  Still-AvantGarthe-Label vom Weingut Nett aus Duttweiler, sowie den  abgefahrenen Kaleidoskop-Rosé von Jungwinzer Daniel Aßmuth aus Bad  Dürkheim. Mit den Empfehlungen vom Service waren wir in besten Händen,  was sich beim Syrah aus Südfrankreich zum Hauptgang bestätigen sollte.  Garthes Phil–O–Sophie basiert jedoch primär auf dem „Pushen“ des Pfälzer  Winzernachwuchses, was ihm sicherlich eine der außergewöhnlichsten  Weinkarten der Pfalz beschert. Diese Karte ist alles – nur eben kein  Standardweinprogramm! Bietighöfer, Klundt und Christian Nett sind Namen,  denen die Zukunft in Sachen Pfalzwein gehört und von denen wir  sicherlich noch Einiges hören bzw. genießen werden.
Fazit: 
Das  AvantGarthe steckt voll positiver Energie und Aufbruchstimmung. Der  selbsternannte „Guerilla Gourmet“ Phil Garthe ist ein lässig-charmanter  Gastgeber, der in Sachen Wein förmlich vor Dynamik „brennt“. Zusammen  mit seiner besseren Service-Hälfte Mitch Halili und einer dreiköpfigen  Küchenbrigade hat er sich mit seinem Restaurant gastronomisch  verwirklicht und rockt mit diversen Veranstaltungen zum Thema Wein  regelmäßig das Haus. Sein kulinarisch ambitioniertes Konzept zeigt dabei  einen Hang zur Extravaganz, ohne jedoch abgehoben oder überheblich  rüberzukommen. Ganz einer frischen Produktqualität verschrieben, gelingt  es ihm, seine Gäste kulinarisch zu überraschen und dabei neue  Weinerlebnisse zu schaffen. Und das zu einem mehr als fairen  Preis-Leistungs-Verhältnis!
AvantGarthe
Ludwigstraße 2 | 67346 Speyer



            
            
        
            
            
        
            
            
        
            
            
        



